Hitler-Bild im Schaubergwerk von Altaussee

APA/BARBARA GINDL

Ö1 Schwerpunkt

Die Geschichte des Salzkammerguts

Zwischen "Freundschaft!" und "Heil Hitler!"

Nomen est omen: Die Geschichte des "Salzkammerguts" ist seit Jahrtausenden aufs Engste mit dem Salzabbau in der Region verbunden - und mit den selbstbewussten Salzarbeitern, die der Region seit der frühen Neuzeit kulturell und politisch ihren Stempel aufgedrückt haben. Die organisierte Arbeiterbewegung fasste spätestens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Fuß in der Region: Sozialdemokratie, Gewerkschaften und das mit diesen Organisationen assoziierte Genossenschaftswesen prägten die politische Kultur des Salzkammerguts bis zur Zerschlagung der Ersten Republik durch den Austrofaschismus in den Jahren 1933/34.

In den Jahren des Nationalsozialismus war das Salzkammergut - neben dem Süden Kärntens - die einzige Region im heutigen Österreich, in der es Ansätze zu bewaffnetem Widerstand gegen die NS-Gewaltherrschaft gab. Aktivistinnen und Aktivisten wie Albrecht Gaiswinkler, Sepp Plieseis, Resi Pesendorfer, Marianne Feldhammer und Karl Gitzoller organisierten, teilweise von einem Geheimversteck im Toten Gebirge, dem sogenannten Igel, aus, den Widerstand gegen das braune Terrorregime. Höhepunkt der widerständischen Aktivitäten war die Rettung kostbarer Kunstwerke unter anderem von Dürer, Rembrandt, Rubens und Vermeer aus den Stollen des Altausseer Bergwerks, wo sie die nationalsozialistischen Machthaber, dem sogenannten Nerobefehl Hitlers folgend, in den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 vernichten wollten.

Industrielle, Künstler und Nazis

Die Historie des Salzkammerguts ist aber auch mit den Habsburgern - und mit den jüdischen Gästen - verknüpft, die sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts Sommer für Sommer in Gmunden und Ischl, an Attersee, Wolfgangsee und Traunsee und nicht zuletzt im Ausseerland niedergelassen haben. Darunter waren nicht nur wohlhabende bürgerliche Familien und zahlungskräftige Industrielle Aus Wien, Prag oder Brünn, sondern auch auffallend viele Künstlerinnen, Künstler und Intellektuelle: Sigmund Freud und Eugenie Schwarzwald gaben dem Salzkammergut ebenso regelmäßig die Ehre wie Gustav Mahler, Arthur Schnitzler und Theodor Herzl. Dazu kamen die Größen der "Silbernen Operettenära" - von Franz Lehár und Oscar Straus bis zu dem Librettisten Fritz Löhner-Beda -, die sich teilweise in Bad Ischl niederließen und das beschauliche Städtchen an der Traun zu einem Mekka der leichten Muse machten.

Parallel dazu formierten sich im Salzkammergut ab den 1920er Jahren aber auch schon früh die österreichischen Nationalsozialisten, ausgehend nicht zuletzt von den evangelischen Gemeinden des "inneren Salzkammerguts", in denen es traditionell starke deutschnationale Traditionen gab. Nach dem "Anschluss" 1938 ließen sich zahlreiche NS-Größen im Salzkammergut nieder, darunter der oberösterreichische Gauleiter August Eigruber und der Chef des Reichssicherheitshauptamts Ernst Kaltenbrunner. Auch hohe und höchste NS-Funktionäre aus dem unmittelbaren Umfeld Hitlers wie Josef Goebbels und Martin Bormann kamen gelegentlich ins Salzkammergut.

Kritischen Geschichtsaufarbeitung im Kulturhauptstadtjahr

Daneben setzten die Nationalsozialisten einen skrupellosen Raubzug an jüdischem Eigentum ins Werk: Hunderte Villen und Häuser zwischen Gmunden, Ischl und dem Ausseerland wurden arisiert, jüdische Bewohnerinnen und Bewohner des Salzkammerguts wurden in die Emigration getrieben oder in der Shoa ermordet. In Ebensee schließlich entstand eines der größten Außenlager des KZ Mauthausen - ein Ort des Grauens, an dem ungefähr 9.000 Menschen ermordet wurden.

Das alles hat Spuren in der Region hinterlassen. Die habsburgische Geschichte des Salzkammerguts - samt Sisi-Kitsch und Kaiserkult - wird medial immer wieder hingebungsvoll aufgekocht. Die weniger erhebenden Kapitel der regionalen Historie sind einer breiten Öffentlichkeit aber deutlich weniger bekannt. Das sollte sich im Europäischen Kulturhauptstadtjahr 2024 ändern - da werden einige Projekte der kritischen Geschichtsaufarbeitung gewidmet sein.

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