Mann geht einen Kreisverkehr, Vogelperspektive

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Radiokolleg

Sinn und Unsinn von Routinen

Die täglichen Routinen können das Leben stark erleichtern. Würde man jeden Moment aufs Neue jeden einzelnen Schritt durchdenken, planen und erst dann ausführen, käme man nicht weit. Zu sehr in ihnen festgefahren, können sie einen aber auch blockieren und das Beschreiten neuer Wege unterbinden. Einmal eingelernt, ist es gar nicht so einfach, die Routinen wieder loszuwerden. Doch muss man das überhaupt - und vor allem: ab wann?

Wir alle haben sie. Wir alle brauchen sie. Doch wer hinterfragt sie schon? Die täglichen Routinen. Gewohnheiten können das Leben stark erleichtern. Würde man jeden Moment aufs Neue jeden einzelnen Schritt durchdenken, planen und erst dann ausführen, man käme nicht weit und würde überdies wohl auch noch über die eigenen Füße stolpern.

Die kleinen sich immer und immer wiederholenden Muster des Alltags vermitteln einem auch das Gefühl von Sicherheit. Zu sehr in ihnen festgefahren, können sie einen aber auch blockieren und das Beschreiten neuer Wege blockieren. Erst einmal eingelernt, ist es gar nicht so einfach, die Routinen wieder loszuwerden. Doch muss man das überhaupt - und vor allem: ab wann?

Den eigenen Alltag bewusst verlassen

„Ich glaube, dass es sehr wohltuende Routinen gibt, und das in allen Bereichen des Lebens. Doch sobald das Leben insgesamt zur Routine wird, verliert die Routine an Sinn. Und das gilt es mit allen Mitteln zu verhindern“, meint Peter Fuchs. Der Content- und Projektmanager bei dem Portal Unsere.Almen der Agrarmarketing Tirol weiß, wovon er spricht. Ob im Privatleben oder beruflich, Fuchs hat über Jahre hinweg immer wieder versucht, ihnen zu entkommen, den sich einschleichenden Routinen.

Heute habe er sich mit einigen von ihnen arrangiert, manche davon sogar sehr liebgewonnen. Und doch hinterfragt Fuchs seine Gewohnheiten stetig und durchbricht sie auch regelmäßig bewusst.

Fenster einer Almhütte

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Einmal im Jahr auf die Alm

Einmal jährlich lässt er seinen Bürojob hinter sich und steigt auf 1.500 Meter, um dort den Sommer über auf einer Alm Kühe zu hüten. Dieses Jahr werden es 18 Rinder und zwei Schweine sein. Davor waren es aber auch schon mal 90 Tiere. Das bedeutet: um 5 Uhr aufstehen, zweimal täglich Kühe melken, Holz hacken und überdies die Alm in Schuss halten, sprich Disteln und Sträuchern mit der Motorsense zu Leibe rücken.

Das Leben dort oben erfordert also auch seine Routinen. Und doch: Auf der Alm ist kein Tag wie der andere. „Und das ist ein unglaublich befriedigendes Gefühl: dass du diesen Naturelementen - dem Wetter und den Tieren, die natürlich auch keine Maschinen sind - ausgesetzt bist“, sagt Fuchs und gesteht zugleich: „Natürlich, wenn es dann zu unvorhergesehenen Dingen kommt, die dich aus deinen Routinen werfen und die auch immer zusätzliche Arbeit bedeuten, dann fluchst du in dem Moment. Doch im Endeffekt macht genau das den Reiz aus.“

Routinen gibt es auch gesamtgesellschaftlich

Besonders in einer Welt, in der zunehmend jeder Schritt vorhersagbar und alles doppelt versichert zu sein scheint? Für jeden Menschen bedeuten Gewohnheiten etwas anderes, und jeder pflegt sie auf andere Art. In dieser Reihe sollen möglichst viele von ihnen beleuchtet werden. Das gilt auch für den Ausstieg aus diesen. Eines ist klar: Routinen gibt es auf allen Ebenen. In privaten Beziehungen, im Berufsalltag, aber auch gesamtgesellschaftlich.

Demokratie erfordert ebenfalls Routinen. Diese Art der gesellschaftlichen Strukturierung ist weder Naturgesetz noch statisch. Man könnte das Zusammenleben theoretisch auch immer wieder neu denken. Theoretisch. Denn selbst in Online-Spielen, in denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer als Avatare eigentlich die Möglichkeit hätten, eine völlig neue Welt zu erschaffen, kopieren sie die bewährten Muster in die virtuelle Welt. Das hat ein Forschungsprojekt des Complexitiy Science Hub ergeben, das über mehrere Jahre hinweg das Verhalten von circa 500.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in einem Multiplayer-Online-Game beobachtet hat. Warum fällt es uns so schwer, Routinen zu erkennen, zu überdenken und gegebenenfalls auch hinter uns zu lassen und dafür neue zu finden?

Gestaltung

  • Daphne Hruby