Gerhard Rühm

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Zum 95. Geburtstag von Gerhard Rühm

Gerhard Rühm, geboren am 12. Februar 1930, einer der wenigen echten Universalkünstler Österreichs, arbeitet im Grenzbereich zwischen Musik, Sprache, Gestik und bildender Kunst. Er begründete die "Wiener Gruppe" mit und trug mit seinen Sprachexperimenten zu den wichtigsten literarischen Entwicklungen der Nachkriegszeit bei.

Rühm setzt Musik, visueller Kunst und Literatur in Beziehung zueinander und verbindet sie. 1930 in Wien geboren, studierte er Klavier und Komposition. Gemeinsam mit Oswald Wiener, HC Artmann, Friedrich Achleitner und Konrad Bayer gründete er in den 1950er Jahren die Wiener Gruppe.

Von 1972 bis 1996 war er Professor an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Für sein vielfältiges Werk hat Gerhard Rühm zahlreiche Preise erhalten, unter anderem den Karl-Szuka-Preis 1977 und den Hörspielpreis der Kriegsblinden 1984, in Würdigung seines Beitrags zur Entwicklung des neuen Hörspiels.

Texte zum lesen oder vortragen

2008 hat Gerhard Rühm eine Reihe von Sprechtexten fürs Radio produziert, eingespielt und eingesprochen gemeinsam mit seiner Frau, der Künstlerin Monika Lichtenfeld, die im Juli 2023 verstorben ist. Bei Texten unterscheidet Gerhard Rühm zwischen solchen, die zum Lesen bestimmt sind, also visueller Poesie, und jenen, die für den Vortrag geschrieben werden. Sprechtexte sind also Texte, die man hören muss, um sie richtig zu rezipieren wie zum Beispiel Schwanenwut, Trauerkatze und Rufe des letzten Menschen.

"Paradiesische Passage" in Kunst zum Hören

Rühm nannte die Paradiesische Passage seine konzeptuelle Komposition, die 2008 für die Tonspur-Passage im Wiener MuseumsQuartier und für das Ö1 Kunstradio als 5.1-Surround-Sound-Fassung entstanden ist. Die Paradiesische Passage setzt sich aus Musik, die auf dem Instrument Celesta gespielt wird, sowie aus Esperanto-Texten, die vom Frauenchor Neungsang unter der Leitung von Johanna Hollenstein vorgetragenen werden, zusammen.

Radiofoner Wien-Rundgang

1991 entstand - gemeinsam mit dem Westdeutschen Rundfunk für dessen Serie Metropolis - der radiofone Wien-Rundgang Wien wie es klingt. Radiokünstler erstellten Porträts von Großstädten, und in Wien war Gerhard Rühm mit Tonmeister Gerhard Wieser unterwegs. Der ORF hat das insgesamt 46-minütige Hörstück auch als CD herausgebracht, die leider nicht mehr erhältlich ist. Gerhard Rühm hat das Wien-Portrait als Besuch der Stadt angelegt. Es beginnt mit der Ankunft am Westbahnhof und endet mit der Abreise vom Flughafen Schwechat. Dazwischen liegt ein Besuchsprogramm mit mehr als 20 Stationen.

Gerhard Rühm

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"zugvögel" in den Radiogeschichten

Außerdem ist anlässlich Rühms 95. Geburtstags in den Radiogeschichten zugvögel. 36 prosa-miniaturen + eine zugabe von Gerhard Rühm und Martina Kudlácek, gelesen von Markus Meyer, zu hören: Eine Amsel, deren Gesang die ganze Südhalbkugel veilchenblau färbt, Schwerarbeiterinnen, die im Schnauben vergnügter Pferde das Wort Turmbau zu vernehmen meinen und Anton und Antonia, die einander glückstrunken im Vollmondlicht ein- und ausatmen. Die neu entstandenen Prosaminiaturen von Rühm und Kudlácek fliegen, freigelassen von jeder Konvention, auf den Schwingen eines anarchischen Witzes.