
APA/ROLAND SCHLAGER
Zeitungen, ORF, Förderungen: die Vorhaben der Dreierkoalition
Das mediale Kontrastprogramm
Das Medienkapitel im Programm der neuen Bundesregierung steht im scharfen Kontrast zu den teilweise zerstörerischen Plänen der gescheiterten blau-schwarzen Verhandler. Am auffälligsten ist: den Zeitungsverlegern wird unter anderem mit einem Gratis-Digitalabo für Junge unter die Arme gegriffen, der ORF muss weiter sparen, die Medienförderung soll sich verstärkt an Qualität orientieren.
7. März 2025, 09:45
Der neue Medienminister heißt Andreas Babler und sein Credo hat er schon im Wahlkampf sehr klar formuliert, Zitat aus einer Pressekonferenz des SPÖ-Chefs: "Wir verstehen Investitionen in den Journalismus auch als Investition in die Demokratie. Unsere medienpolitischen Maßnahmen stärken die demokratische Kraft der Medien. Sie tragen eine besondere Verantwortung." Das freut die Medienbranche, zumal der Kontrast zur Fast-Alternative nicht größer sein könnte.
"Systemerhaltende Maßnahmen überwiegen"
Der Medienunternehmer und Podcast-Vermarkter Stefan Lassnig sagt, er sei froh, dass dem Land die blau-schwarze Regierungsvariante erspart geblieben sei. "Weil die wäre für die Medienvielfalt in Österreich eine echte Bedrohung gewesen". Im Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und NEOS sehe er Licht und Schatten. "Und der Schatten bestehe vor allem darin, dass ich doch überwiegend systemerhaltende Maßnahmen sehe."

Stefan Lassnig
PENGUMEDIA
Eine ganz zentrale solche Maßnahme kommt direkt aus Bablers Wahlprogramm, das "Meine-Zeitung-Abo" soll Schülerinnen, Schülern und Lehrlingen kostenlosen Zugang zu den Digitalangeboten der Zeitungen bringen. 30 Millionen Euro stehen ab 2026 dafür bereit. Lassnig sieht darin "nichts anderes als eine 1:1 Förderung für Medienunternehmen, für bestehende - und das finde ich schon von der Dimension her gewaltig. Den jungen Menschen Produkte - ich sag es jetzt brutal - aufzuzwingen, die sie wahrscheinlich nicht lesen wollen" - das könne man auch hinterfragen.
Gratis-Abo für Junge reine Zeitungsförderung?
Daniela Kraus vom Presseclub Concordia sagt dazu: "Die Frage ist: wird das in irgendeiner Form medienpädagogisch begleitet, so dass man da auch wirklich was draus macht? Oder ist es ein Geld, das zu den Zeitungen fließt und das war's - und in Wirklichkeit wird das dann gar nicht angenommen?" Die Verleger wird es freuen, im Regierungsprogramm ist zusätzlich noch eine Förderung der Hauszustellung von Print-Ausgaben vorgesehen, die immer weniger kostendeckend ist. Die Handschrift des VÖZ sei gut erkennbar, sagt Stefan Lassnig.
Neue Medienprodukte sind die Stiefkinder
Der VÖZ, den Lassnig anspricht, das ist der Verband Österreichischer Zeitungen, und der hat traditionell enge Kontakte zur ÖVP. An diesem Player kommt auch ein SPÖ-Medienminister nicht vorbei. Auf der Strecke bleiben könnten neue Medienprodukte, befürchtet Lassnig. "Die derzeitige Medienpolitik orientiert sich immer an den bestehenden Medienhäusern und an den bestehenden Produkten. Wieso kann man nicht regionale Hubs schaffen, wo zum Beispiel junge Medienschaffende und die gibt es, die gibt es tatsächlich, wo man ihnen ein Büro bietet, Infrastruktur bietet, wo man Beratung bietet, wo man ihnen anbietet, dass man solche Dinge wie Vermarktung zum Beispiel dort konzentriert?"
Mögliche Zweckbindung der Digitalsteuer
Gut wären auch Anreize für Investoren, die Medien-Start-ups unterstützen. Im Medienkapitel findet sich dazu nur ein vager Satz zum "Ausbau der Förderungen mit Schwerpunkt Innovation". Breiter fällt das Bekenntnis zur Förderung von Qualität im Journalismus aus. Daniela Kraus: "Positiv ist, dass die Medienförderung Qualitätskriterien stärker einführen will, unter anderem Redaktionsstatut. Das ist etwas, was absolut sinnvoll ist." Auch die mögliche Koppelung der Medienförderung an die Einnahmen aus der Digitalsteuer wäre sehr zu begrüßen, sagt Kraus.
Konkret heißt es im Programm: "Prüfung einer Zweckbindung von Mitteln aus der Digitalabgabe für Medienförderung". Die Digitalsteuer zahlen große Techkonzerne für Werbeeinnahmen, die sie in Österreich lukrieren und von den ansässigen Medien absaugen, Tendenz stark steigend. Im Vorjahr spülte diese Steuer an die 120 Millionen Euro in die Staatskasse.
ORF-Reform heißt vor allem: weiter sparen
Was den ORF betrifft, da will die Regierung die Beschickung der Gremien, wie vom Verfassungsgerichtshof verlangt, jetzt rasch neu regeln. Ein Antrag dazu liegt schon im Parlament. Es ist wie erwartet eine Minimalvariante. Die Bundesregierung entsendet weniger, dafür der Publikumsrat mehr Stiftungsräte, die sollen nach Regierungswechseln nicht mehr ausgetauscht werden dürfen und müssen neue Qualifikations-Anforderungen erfüllen. Daniela Kraus findet, das reicht nicht. "Das schaut ganz gut aus auf den ersten Blick. Aber es verschiebt das Problem des parteipolitischen Einflusses in dieser Form nur in den Publikumsrat. Da muss auch noch mehr passieren in Zukunft. Da steht zwar ein Bekenntnis dazu drin, und ob das dann tatsächlich passiert, wird man sehen."
Dieses Bekenntnis steht unter der Überschrift "Gesamtreform ORF" und der konkreteste Punkt in diesem Abschnitt ist das Einfrieren des ORF-Beitrags von 2027 bis 2029, also für weitere drei Jahre - trotz eines laufenden Sparprogramms. Die Nicht-Valorisierung entzieht dem ORF im Jahr knapp 60 Millionen Euro, ob das ohne Schnitte ins Programm verkraftbar ist, wird sich zeigen. ORF-Finanzchefin Eva Schindlauer hat zuletzt im #doublecheck-Interview betont, dass aufgrund des seit Jahren laufenden Sparprogramms im Ausmaß von mehr als 300 Millionen Euro strukturell praktisch nichts mehr zu holen sei.
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