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Matrix
Rechtsextreme Codes im Internet
Rechtsextreme nutzen zunehmend subtile Codes, um ihre Ideologien online zu verbreiten und Zensur zu umgehen. Mithilfe von Emojis und "Algospeak", einer Sprachform, die die Filterung unerwünschter Inhalte zu umgehen soll, verschleiern sie ihre Botschaften. Initiativen wie Zalando's Fashion Against Fascism versuchen diese Praktiken zu entlarven.
7. August 2025, 18:41
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Matrix | 08 08 2025
Online sind rechtsextreme Codes weitverbreitet und für Außenstehende oft schwieriger zu dechiffrieren als Hakenkreuze an Häuserwänden. An Hitlers Geburtstag am 20. April tauchen regelmäßig Fotos von seiner angeblichen Lieblingsspeise Eiernockerln in sozialen Medien auf. Diese Postings werden meist strafrechtlich verfolgt, doch Rechtsextreme verwenden auch subtilere Zeichen wie Emojis, Musik und "Algospeak", um ihre Gesinnung auszudrücken.
Mit "Algospeak" versucht man die Zensur auf Social-Media-Kanälen zu umgehen. Bei dieser Kommunikationsform werden indexierte Wörter absichtlich falsch oder anders geschrieben (Nazi wird zu "Not see", NS wird zu "ennes"), Zahlen und Zeichen statt Buchstaben verwendet (N@dzi) oder Vokale weggelassen: aus Hitler wird HTLR, aus Vaterland VTRLND und Hakenkreuz wird zu HKNKRZ. In Neonazi-Kreisen sind diese Begriffe beliebte T-Shirt-Sprüche, deren Verkäufe die rechtsextreme Szene finanziell unterstützen.
Zalando: Kampf gegen faschistische Mode
Um die Monetarisierung der faschistischen Mode zu erschweren, startete im April 2024 Europas größter Online-Modehändler Zalando zusammen mit der Hamburger Initiative Laut gegen Nazis und der deutschen Webeagentur Jung von Matt die Datenbank Fashion Against Fascism. Das Online-Verzeichnis informiert über mehr als 200 rechtsextreme Codes und soll sicherstellen, dass keine dieser menschenfeindlichen Botschaften über die Shoppingplattform Zalando vertrieben wird.
Diese Aktion ist nicht die Einzige von Laut gegen Nazis und Jung von Matt, um Nazis aus der Mode zu bringen. Gemeinsam haben sie sich die Wort- und Bildrechte an "Döp Dödö Döp" gesichert, um so die Verbreitung des Spruchs zu verhindern.
Vom Party-Hit zum rechtsextremen Code
"Döp Dödö Döp" ist die lautmalerische Vertonung des Gigi-D’Agostino-Hits "L’amour toujours", der Ende Mai 2024 für Schlagzeilen sorgte, als feiernde Jugendliche auf Sylt fremdenfeindliche Parolen dazu grölten. Der Eklat war kein Einzelfall, der bekannte Ohrwurm wird schon seit Längerem als rassistische Hymne missbraucht. Die Vorfälle reichen von Sylt bis nach Österreich, wo der umgedichtete Song in Bad Ischl, im Zillertal und beim EM-Achtelfinalspiel Österreich gegen die Türkei in Leipzig zu hören war.
Mittlerweile ist "Döp Dödö Döp" - genauso wie der Umriss der Insel Sylt - ein rechtsextremer Code, eine sogenannte Dog Whistle: Hundepfeifen können von Menschen nicht gehört werden, ihre Signale bleiben im Verborgenen - genauso wie die fremdenfeindliche Botschaft des Nonsense-Spruchs.
Unsichtbare Zeichen: Rechtsextreme Symbole im Netz
Die Geheimzeichen dienen den Gesinnungsgenossen als Erkennungszeichen auf Social Media. Sie stiften Zugehörigkeit, Vernetzung und Sicherheit. Auf den ersten Blick ist ein Kugelschreiber- oder Holztür-Emoji nicht verdächtig, in rechtsextremen Kreisen gelten sie allerdings als Symbole der Holocaustleugnung. Diese Codes verschieben die Grenzen des Sagbaren und machen Rechtsextremismus auf Social Media zunehmend salonfähig.
Text: Daniela Derntl