Da capo: Im Gespräch
"Kriminalität und Krieg im digitalen Zeitalter". Michael Kerbler spricht mit Misha Glenny, Journalist und Autor
30. März 2012, 16:00
Die Kriminalität verlagert sich zunehmend von der Straße ins Internet. Für Täter wird es etwa immer leichter, gefälschte Web-Shops zu erstellen und Kunden so um ihr Geld zu bringen, sagte der Chef des österreichischen Bundeskriminalamts Franz Lang. Der Handlungsbedarf steigt. Denn die Steigerungsraten der Internetkriminalität werden 2012 Rekordwerte erreichen, sind sich Cybercrime-Experten sicher. Nicht nur in Österreich, sondern weltweit.
In Österreich sind im Vorjahr die Fälle von Hackerangriffen und Betrügereien im Internet um das Doppelte bis Vierfache gestiegen. Eine besonders hohe Zunahme gab es vor allem beim so genannten Bestellbetrug. Produkte werden via Internet in gefälschten Web-Shops von Kunden bestellt und bezahlt, kommen aber nie an. Internetkriminalität stellt also längst keine virtuelle Bedrohung mehr dar. Cybercrimes enden nicht mit dem Eindringen in Bankkonten oder mit illegalen Zugriffen auf Kreditkartenkonten. Das Web selbst wird zum Platz für den Informationsaustausch über neueste Tricks für Internetbetrügereien. Kriminelle können Zubehör für das Auslesen von Daten erwerben und erfahren, wie und wohin wertvolle Datensätze verschoben werden können. Die Kriminalität im Netz explodiert, auch deshalb, weil es Betrügern und Industriespionen leicht fällt, sich in den Weiten des Netzes zu verstecken. Und den Strafverfolgern fällt es schwer die Menschen, die sich hinter Netzadressen verbergen, zu fassen.
Misha Glenny ist Autor mehrerer Bücher und gefragter Experte für das internationale organisierte Verbrechen. Glenny hat zwei Jahre lang in der Cyberkriminellen-Szene recherchiert. Michael Kerbler hat Misha Glenny getroffen, um mit ihm über das Bedrohungsausmaß der Kriminalität im Internet , über die Organisationsstruktur der Unterwelt im Cyberspace und die Methoden der Hacker und Spione zu sprechen.
Übrigens: wenn Sie einen Verdacht auf Internetbetrug haben, dann wenden Sie sich direkt per Email an against-cybercrime@bmi.gv.at an das Bundeskriminalamt.
Service
Misha Glenny, "Cybercrime. Kriminalität und Krieg im digitalen Zeitalter", aus dem Englischen von Sebastian Vogel, Deutsche Verlags-Anstalt, München (ISBN 978-3-421-04466-2)
Mark Bowden, "Worm. Der erste digitale Weltkrieg", aus dem Englischen von Thomas Pfeiffer, Berlin Verlag (ISBN 978-3-8270-1065-0)
Peter Schaar, "Das Ende der Privatsphäre. Der Weg in die Überwachungsgesellschaft", C. Bertelsmann Verlag, München, Verlagsgruppe Random House GmbH (ISBN 978-3-570-00993-2)
Sandro Gaycken, Constanze Kurz (Hrg.), "1984.exe. Gesellschaftliche, politische und juristische Aspekte moderner Überwachungstechnologien", 2008 transcript Verlag, Bielefeld (ISBN 978-3-89942-766-0)
Nicholas Carr, "Wer bin ich, wenn ich online bin ... und was macht mein Gehirn solange? Wie das Internet unser Denken verändert", aus dem amerikanischen Englisch von Henning Dedekind, Karl Blessing Verlag (ISBN 978-3-89667-428-9)
Michael Reiter und Maria Wittmann-Tiwald (Hrg.), "Goodbye Privacy - Grundrechte in der digitalen Welt", Verlag Linde (ISBN 978-3-7073-1060-3)