Salzburger Nachtstudio

Der "edle Wilde". Das Menschenbild von Jean-Jacques Rousseau. Zum 300. Geburtstag des Aufklärers durch Bildung und Urvaters der Ökologiebewegung.
Gestaltung: Margarethe Engelhardt-Krajanek und Elisabeth Nöstlinger

Johann Wolfgang von Goethe verehrte ihn wie einen Heiligen. Voltaire nannte ihn "ein Monster" und Friedrich Nietzsche meinte er sei "Idealist und Canaille" in einer Person.

Rousseaus zwiespältige Beurteilung der Dichter und Denker zieht sich bis heute fort und wird neu diskutiert. Jahrelang hatte sich der Autor seines pädagogischen Hauptwerkes "Emile" als junger Mensch herumgetrieben und von Gelegenheitsarbeiten gelebt. Er diente als Lakai, war Erzieher und wurde von Adeligen und vermögenden Bürgern bewundert.

Selbst verschmähte er die Fürsten und Herren allerdings und so nannten sie ihn bald "Ekel" und "Handbeißer". Aus dieser Lebensmisere heraus sind Jean-Jacques Rousseaus philosophische Gedanken zu verstehen, ist sein Aufruf "empört Euch" nachvollziehbar.

"Sorge für Dein Wohl mit dem geringst möglichen Schaden für die anderen" hieß der Anspruch an das Menschenbild welches für Rousseau nur außerhalb einer Gesellschaft, in einem "einfachen Naturzustand", "gut und vollkommen" sein kann. Die "natürliche Selbstliebe" ist der Ausweg aus Rousseaus Welt, die durch das zur Herrschaft erstarrten Christentum einerseits, und durch einen erbarmungslosen Rationalismus andererseits, bestimmt wurde. In seinen Werken folgte Rousseau keiner strengen Gedankenführung, aber er brachte Affekte und Emotionen zur Sprache, die seine Welt verändert haben und bis heute wirken.

Rousseau schrieb eine Gesellschaft ohne Obrigkeit, Besitz und Dogma herbei und verkündete inmitten seines Umfelds, das sich gerade zum Sprung in die Industrialisierung rüstete, den "edlen Wilden" zum Leitbild des Menschen. "Die Grünen" nahmen diese Anregungen auf und wohl auch die "Rede über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen". Dieser revolutionärer Gedanke der Gleichheit aller Menschen führte seinerzeit zur französischen Revolution.

In seinem Roman "Emile" entwarf Rousseau das Modell einer natürlichen Erziehung und gab damit den Waldorfschulen und den antiautoritären Erziehern bis heute unvergessliche Anweisungen.

Service

Jean Jacques Rousseau: Rousseaus Bekenntnisse. Erster Theil /Autobiographie, Verlag Philipp Reclam Jun.
Jean Jacques Rousseau: Der Gesellschaftsvertrag oder die Grundsätze des Staatsrechtes, Reclam Verlag Stuttgart
Jean Jacques Rousseau: Emile oder Ueber die Erziehung - Erster Band, Verlag Philipp Reclam jun.
Jean Jacques Rousseau: Emile oder Ueber die Erziehung - Zweiter Band, Verlag Philipp Reclam jun.

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