Gedanken für den Tag

von Johanna Schwanberg, Kunstwissenschaftlerin und Direktorin des Wiener Dommuseums. "Provokateur und Mystiker" - Zum 25. Todestag von Salvador Dali. Gestaltung: Alexandra Mantler

Es ist das Bild der Bilder. Legendär, bis zum Überdruss vermarktet, in jedem Schulbuch abgedruckt. Und dennoch bis heute ungebrochen faszinierend. Salvador Dalís erstaunlich kleines Gemälde "Die Beständigkeit der Erinnerung" entstand im Jahr 1931. Es ist auch unter dem Titel "Die zerrinnende Zeit" oder "Die weichen Uhren" bekannt.

Inmitten einer weiten Landschaft mit schroffen Felsen und Meer im Hintergrund befinden sich mehrere Uhren, die im Zerfließen begriffen sind; eine hängt lasch über einem dürren Ast, die andere liegt auf einem amorphen traumartigen Wesen im Vordergrund. Der spanische Künstler setzte selbst eine bis heute gerne kolportierte Geschichte über die Entstehung dieses Bildes in die Welt. So meinte er, ihm wäre die Idee zu den "weichen Uhren" beim Abendessen gekommen, angesichts eines schmelzenden Camemberts.

Ich habe mich lange nicht mit diesem Bild befasst. Zu abgegriffen erschien mir das Motiv, das als Markenzeichen surrealistischer Kunst gilt. Umso mehr hat es mich gepackt, als ich das Original vor einiger Zeit im New Yorker Museum of Modern Art betrachten konnte. Zum einen hat mich die Farbigkeit, der Kontrast von Blau- und Brauntönen interessiert. Auch die Einsamkeit und der traumartige Charakter sind mir nahe gegangen. Zudem sind mir wesentliche Details wie eine Fliege am Ziffernblatt oder Ameisen auf der roten Taschenuhr besonders ins Auge gestochen.

"Vermarktet hin oder her", habe ich mir gedacht. Ist es nicht unglaublich, dass es Künstlern und Künstlerinnen immer wieder gelingt, wesentliche Momente des Lebens mittels Farben und Formen einzufangen? Wenn mir im Trott zwischen Arbeit und Familie die Zeit förmlich zwischen den Fingern zerrinnt, so fällt mir keine bessere Darstellung dazu eine als jene von Dalí aus dem Jahr 1931.

Auch wenn ich das Gefühl habe, dass Vergangenes nicht weit weg, sondern trotz der verstrichenen Zeit ganz gegenwärtig ist, kommt mir Dalís kleines Gemälde und sein einprägsamer Titel in den Sinn: "Die Beständigkeit der Erinnerung".

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Carlos Gardel
Bearbeiter/Bearbeiterin: Christoph Israel
Bearbeiter/Bearbeiterin: Stephen Goss
Album: MILOS - LATINO
Titel: Por una cabeza/instr. / aus dem Film "Tango Bar" / Bearbeitung für Gitarre und Orchester
Solist/Solistin: Milos Karadaglic /Gitarre
Orchester: Studioorchester der Europäischen Philharmonie
Leitung: Christoph Israel
Länge: 02:00 min
Label: DG/Universal 4790063 (Promo-CD

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