Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

"In dubio pro minore?"
Altersbegutachtungen bei jugendlichen Flüchtlingen
Gestaltung: Gabriele Anderl

In Österreich wird ein großer Teil der unbegleiteten minderjährigen Asylwerber/innen der Altersbegutachtung zugewiesen. Diese erfolgt vor allem mittels Handwurzelröntgen sowie CT-Untersuchung des Brustbein-Schlüsselbeingelenks. Gegen die multifaktorielle Alterseingrenzung gibt es schwerwiegende methodische, rechtliche und ethische Bedenken, ihre Aussagekraft ist höchst umstritten. An der behördlichen Praxis wird bemängelt, dass - unter Nichtbeachtung der gesetzlichen Empfehlungen - junge Menschen zur Altersbegutachtung geschickt werden, ohne dass die von ihnen beigebrachten Dokumente gewürdigt werden, oder die Beschaffung weiterer schriftlicher Beweise abgewartet wird. Der Grundsatz, dass im Zweifel von der Richtigkeit der Angaben ausgegangen werden sollte - "in dubio pro minore" - findet in der Praxis keine Anwendung.

Ergibt das Gutachten ein Mindestalter von 18 Jahren, wird von der Volljährigkeit ausgegangen. Die Betroffenen können somit aufgrund der Dublin-Zuständigkeit in andere europäische Länder verbracht werden, und selbst wenn sie in Österreich zum Asylverfahren zugelassen werden, genießen sie nicht mehr den speziellen Schutz und die Rechte unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, wie sie aus der Kinderrechtskonvention ableitbar sind, etwa auch im Hinblick auf den Zugang zu Bildungseinrichtungen.

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