Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

Jüdisches Leben unter dem Doppeladler
Neue Schlaglichter auf eine facettenreiche Minderheit im Habsburgerreich
Gestaltung: Sabrina Adlbrecht

Die Geschichte der Juden im Habsburgerreich zwischen dem 18. Jahrhundert und 1918, dem Untergang Österreich-Ungarns, ist vielgestaltig und kompliziert - denn schon der Begriff "österreichisches Judentum" bereitet Schwierigkeiten: Er umfasst nicht nur die mehr oder weniger angepassten, "assimilierten" Juden in Wien, in den österreichischen und böhmischen Kronländer und in Ungarn; denn die kosmopolitischen italienischen Juden fallen ebenso darunter wie jene aus den armen ländlichen Gebieten Galiziens und der Bukowina. Dazu kommt - seit dem Ende des 19. Jahrhunderts - das überwiegend sephardische Judentum Bosnien-Herzegowinas. Die jeweiligen Lebensumstände von Juden und Jüdinnen in der Monarchie waren entsprechend verschieden; sie hatten keine gemeinsame Sprache, waren unterschiedlich stark in ihre Gesellschaften integriert und machten unterschiedliche Erfahrungen mit der nicht-jüdischen Bevölkerung. Man kann also kaum von einer gemeinsamen Identität der jüdischen Bevölkerung im Habsburgerreich sprechen. Wohl aber bot die Monarchie als übernationale Einheit auch den Juden die Möglichkeit, eine Identität unabhängig von nationaler, ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit zu entfalten. Die Bedeutung der habsburgischen Juden für die Monarchie selbst ebenso wie für die europäische Geschichte insgesamt wird immer noch unterschätzt. Eine internationale Konferenz in Wien hat sich damit auseinandergesetzt, was die verschiedenen jüdischen Minderheiten und Lebenswelten in der Monarchie verband und was sie trennte; und es ging dabei nicht zuletzt auch um die Frage, ob sich eine synoptische Geschichte der österreichischen Juden schreiben lässt, die mehr ist als nur die Summe unterschiedlicher Partikulargeschichten jüdischer Gemeinschaften in Altösterreich.

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