Radiokolleg - Beruf Bürgermeister/in
Führungskraft, Kommunikationsprofi, Integrationsfigur (1). Gestaltung: Beate Firlinger
7. April 2015, 09:05
Sitzungen, Sprechstunden, Begehungen, Hausbesuche, Jubiläen, Feuerwehrfeste, Sportturniere, Kulturevents ... Ein voll gepackter Terminkalender gehört zum täglichen Brot aller Bürgermeister und Bürgermeisterinnen. Genauso wie die vielfältigen Agenden und Akteur/innen, mit denen sie bei ihrer Arbeit konfrontiert sind.
Denn längst sind die Zeiten vorbei, als die Dorfkaiser manchmal Baugenehmigungen erteilten, ein paar Veranstaltungen eröffneten und gerne am Stammtisch ihr politisches Geschäft betrieben. Auch in kleineren Kommunen ist das Bürgermeisteramt heute wesentlich mehr als ein Repräsentationsjob.
Die modernen Ortschefs und -chefinnen sind Manager/innen mit einem breiten Aufgabengebiet. Sie fungieren als geschäftsführendes Organ der Gemeinde, die sie auch nach außen vertreten. Sie sorgen dafür, dass Beschlüsse des Gemeindrats vollzogen werden und sind für Budgets, Personal, Projekte und Beteiligungen verantwortlich. Sie agieren an der Schnittstelle zwischen Staat und Bürgerschaft, bewegen sich im Spannungsfeld verschiedener Interessen, vermitteln bei Konflikten und dienen rund um die Uhr als Ansprechperson für Anliegen aller Art.
Um das Gemeinwesen zusammenzuhalten und integrativ zu wirken, müssen Bürgermeister/innen ein Bündel an Fähigkeiten und Eigenschaften unter Beweis stellen: Dazu zählen Rechtswissen und Finanzexpertise, Verwaltungskompetenz und Verhandlungsgeschick, Kommunikations- und Organisationstalent, Kompromiss- und Risikobereitschaft, Geduld und Ausdauer, eine dicke Haut und ein feines Sensorium für die Stimmungslagen in der Bevölkerung.
Eine besondere Ausbildung oder Qualifikation benötigen Bürgermeister/innen aber nicht. Sie werden schließlich nicht von Headhuntern gesucht, sondern demokratisch gewählt, in den meisten Bundesländern direkt durch das Wahlvolk, in Wien, Niederösterreich und der Steiermark durch den Gemeinderat. Es ist genau genommen kein Beruf, sondern ein politisches Amt, das im Sinne der Chancengleichheit möglichst allen zugänglich sein soll, die sich berufen fühlen.
Wie viel die Bürgermeister/innen verdienen, hängt vom Bundesland und von der Einwohnerzahl der Gemeinde ab. In kleinen und mittleren Ortschaften erhalten sie jedenfalls keine berauschenden Gagen. Und das, obwohl der zeitliche Einsatz meist über die normalen Bürozeiten hinausreicht. Die familienfeindlichen Bedingungen sind gepaart mit den traditionellen Rollenbildern auch ein Grund für den geringen Anteil an weiblichen Bürgermeistern. Nur rund fünf Prozent der etwas mehr als 2.000 österreichischen Gemeinden haben Frauen an der Spitze.
Wer sind die Menschen, die dieses Amt bekleiden? Wie bringen sie Privatleben, Familie, Kommunalpolitik und Behördenleitung unter einen Hut? Was macht gute und innovative Gemeindechefs aus? Wie schaffen sie den Spagat zwischen Bürgernähe und Entscheidungsbefugnis?
Beate Firlinger gibt im "Radiokolleg" einen Einblick in den beruflichen Alltag österreichischer Bürgermeister und Bürgermeisterinnen.
Service
Kathrin Stainer-Hämmerle / Florian Oppitz (Hg.): Handbuch Gemeindepolitik. Verlag Österreich, Wien 2013
David H. Gehne: Bürgermeister - Führungskraft zwischen Bürgerschaft, Rat und Verwaltung. Richard Boorberg Verlag, Stuttgart 2012
Christof Isopp / Roland Gruber (Hg.): Das Buch vom Land. Geschichten von kreativen Köpfen und g'scheiten Gemeinden. Wien 2015
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