Medizin und Gesundheit

Epilepsie

Eine Krankheit mit vielen Gesichtern

Es verwundert nicht, dass man in früheren Zeiten glaubte, Epilepsie-Betroffene seien im Bann von Dämonen, Hexen, Zauberern, aber auch Heiligen. Denn wer einen epileptischen Anfall erlebt, kann von einem Moment auf den anderen das Bewusstsein verlieren und sich danach nicht daran erinnern, was passiert ist.

Gewitter im Kopf

Wie ein Anfall abläuft bzw. welche Symptome vorherrschen, ist sehr unterschiedlich. Insgesamt gibt es nämlich 30 verschiedene Formen. Ihnen allen gemein ist eine kurzfristige Funktionsstörung der Nervenzellen im Gehirn. Genauer gesagt kommt es zu einer gleichzeitigen, übermäßigen Entladung der Neuronen. Dieses "Feuern" kann auf eine Gruppe von Nervenzellen beschränkt sein oder sich über das gesamte Gehirn ausbreiten. Dementsprechend unterschiedlich ist das Erscheinungsbild der Anfälle.

Unterschiedliche Anfallsarten

Bei zwei Drittel ist nur eine bestimmte Stelle des Gehirns betroffen, man spricht dann von fokalen oder partiellen Anfällen. Sie können mit oder ohne "vorwarnende" Aura auftreten. Weitere mögliche Symptome sind Zuckungen und Verkrampfungen einer Gesichtshälfte, eines Beines, Armes oder einer Körperhälfte. Das Bewusstsein ist manchmal eingeschränkt. Eine schwerere und zum Glück auch seltenere Epilepsie-Form ist der so genannte "Grand-mal-Anfall". Er zählt zu den generalisierten Formen, bei denen die Entladungen der Nervenzellen in beiden Hirnhälften gleichzeitig stattfinden. Die Betroffenen stürzen - weitere klassische Symptome sind Verkrampfung des Körpers, Zuckungen an Armen und Beinen sowie Bewusstlosigkeit.

Was weiß man über die Ursachen?

In Österreich sind etwa 70.000 Menschen von Epilepsie betroffen. Erkrankungsgipfel gibt es im Kindesalter sowie nach dem 60sten Lebensjahr. Bei den Kindern überwiegen die genetischen bedingten Epilepsieformen, bei Erwachsenen die strukturell bedingten, sprich sie entwickeln die Erkrankung in der Folge von Schädel-Hirn-Traumen, Gefäßmissbildungen, Tumoren etc. Zu den Ursachen zählen überdies Stoffwechsel- und Autoimmunerkrankungen sowie Virusinfektionen und Malaria. Bei vielen Epilepsien kann trotz Ausschöpfung aller diagnostischen Möglichkeiten keine Ursache gefunden werden.

Verbesserung der Diagnosemöglichkeiten

Die Diagnose der Epilepsie basiert auf drei Säulen. Erstens dem ausführlichen Gespräch mit den Betroffenen und ihren Angehörigen. Zweitens einem EEG (auch zwischen den Anfällen kann man auffällige Neuronen-Entladungen messen).
Und drittens einem MRT, um strukturelle Veränderungen im Gehirn nachzuweisen. Derzeit werden "ambulante Diagnoseverfahren" entwickelt. In Zukunft sollen Betroffene zum Beispiel über ein Messgerät, das man wie eine Uhr am Handgelenk trägt, vorgewarnt werden, sobald sich ein Anfall ankündigt. Diese Hightech-Geräte eignen sich auch zur "Anfallsdokumentation" und verbessern so die individuellen Therapiemöglichkeiten.

Therapie mit Medikamenten

Therapeutisch gibt es mehrere Möglichkeiten: zum einen Antiepileptika. Mit diesen Medikamenten werden zwei Drittel der Betroffenen anfallsfrei.
Moderne Präparate werden in der Regel gut vertragen, auch bei längerer Einnahmedauer. Derzeit stehen rund 25 verschiedene Substanzen zur Verfügung. Je nach Epilepsieform wird ein passendes Medikament für jeden Betroffenen individuell ausgewählt. Oft reicht ein Antiepileptikum aus, manchmal müssen jedoch zwei oder mehrere kombiniert eingenommen werden, um Anfälle zu verhindern.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten

Ein Drittel der an Epilepsie Erkrankten spricht auf Medikamente nicht an. Für ein Zehntel dieser Personen gibt es die Möglichkeit der Entfernung eines betroffenen Gehirnareals und die Stimulation des zehnten Hirnnervs (Nervus Vagus) bzw. des erkrankten Hirnbereichs. Wirkungsvoll bei allen Betroffenen, vor allem bei Kindern, ist auch die "ketogene" Diät, die durch einen hohen Fettanteil und wenig Kohlenhydrate gekennzeichnet ist.

Vorurteile

Leider haben es Menschen, die an Epilepsie erkrankt sind, auch anno 2018 nicht leicht. Nicht nur wegen der Krankheitslast selbst, sondern auch, weil nach wie vor häufig angenommen wird, Epilepsie sei eine Geisteskrankheit und die Betroffenen seien unzurechnungsfähig, geistig zurückgeblieben etc. Gerade an den Schulen und in der Arbeitswelt muss diesbezüglich sicherlich noch viel mehr Aufklärung betrieben werden.

Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Sind Sie an Epilepsie erkrankt?

Wie äußern sich die Anfälle bei Ihnen?

Was ist die Ursache für Ihre Erkrankung?

Sind Sie anfallsfrei und was hilft Ihnen dabei?

Wie hat sich Ihr Leben durch die Epilepsie verändert?

Wissen Sie, wie Sie sich verhalten sollten, wenn Sie bei einem Anfall einer betroffenen Person anwesend sind?

Moderation: Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos
Sendungsvorbereitung: Mag.a Nora Kirchschlager
Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Service

Gerda Bauer
57 Jahre
erkrankte mit 43 an Epilepsie
wurde 2011 operiert und ist seither anfallsfrei

Prim. Univ.-Prof. DI Dr. Christoph Baumgartner
Krankenhaus Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel
Leiter der Neurologischen Abteilung
Riedelgasse 5
1130 Wien
+43/1/880 00/251 oder +43-660-4071420
E-Mail
Prim. Christoph Baumgartner

Epilepsie Dachverband Österreich
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Weitere Selbsthilfegruppen
Epilepsie und Arbeit - Institut für Epilepsie IFE gemeinnützige GmbH
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"Was, wenn Sie bei einem Anfall in die Schneidemaschine fallen?" (zum Thema Diskriminierung in der Arbeitswelt)

Sarah Elise Bischof, "Panthertage - Mein Leben mit Epilepsie", Eden Books 2015

Dr. med Günter Krämer, "Diagnose Epilepsie: Die Krankheit verstehen; die besten Therapien nutzen; Ihren Alltag gestalten", Trias Verlag 2012

Hansjörg Schneble, "Epilepsie: Erscheinungsformen, Ursachen, Behandlung", Verlag C.H.Beck 2017

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