Tony (Bennett 92), Diana (54) und George (Gershwin 120)

12. September 2018, 17:30

Mit großer Skepsis und einem gerüttelt Maß an Vorurteilen mag so einem Album begegnet werden: Das altehrwürdige Jazzlabel Verve, längst Teil des Universal-Universums, präsentiert perfekt gestylt die smarte Jazzsängerin und Pianistin, die schon lange aus den Jazzkellern herausgefunden hat, um mit Hochglanz mehr zu verdienen. Dabei ist Diana Krall noch immer genauso hinreißend wie eh und je - allein am Klavier oder im Trio beispielsweise.

Und dazu kommt Tony Bennett, der mit 92 den einen und anderen Zenit als Sänger überschritten haben mag, Vergangenheit, die in Anzug und Krawatte vor einem steht. Beide sind allerdings echtes Kassengold: Bennett hat in den letzten zehn Jahren zehn Millionen Alben verkauft, stand zweimal auf Platz eins der Billboard-Charts. Mit acht Jazz-Alben in den Billboard-Jazz-Charts ist Diana Krall so etwas wie die Serena Williams ihres Genres.

Und die beiden, zusammen haben sie etwa 50 Grammy-Nominierungen, wenn die Rechnung stimmt, die beiden haben sich gefunden, um gemeinsam Gershwin zu huldigen, der am 26. September vor 120 Jahren in Brooklyn als Jacob Gershovitz geboren wurde. Ist das ein spekulatives Marketingprodukt, das glatt an der Peinlichkeit vorbeigleitet?

Nein, es ist mit gut(en) 36 Minuten zwar ein erstaunlich kurzes, aber auch erstaunlich stimmiges, würdiges, lebendiges Album voll von bestem Jazz der alten Schule, was auch dem exzellenten Bill Charlap Trio geschuldet ist. Es ist menschlich, es berührt, Krall profitiert von der Authentizität Bennetts, der wirklich zu alt ist, um noch irgendetwas vorzugeben. Bennett profitiert vielleicht auch von Kralls Genauigkeit. Herzerwärmend!

Ein feines Detail am Rande: Tony Bennetts Schallplattendebüt 1949 noch unter dem Künstlernamen Joe Bari enthielt auf der B-Seite der Single Gershwins "Fascinatin' Rhythm". Die Platte galt als verschollen bis sie ein Fan zufällig entdeckt hat. Nach 70 Jahren das erneut aufzunehmen und - wie wir es in der Sendung tun werden - der alten Einspielung gegenüber zu stellen, das hat schon was!

Service

Wie ein Plattensammler die verschollene erste Aufnahme Tony Bennetts unvermutet entdeckt hat

Sendereihe

• Spielräume

Gestaltung

• Mirjam Jessa