It's howdy doody time!

20. Oktober 2018, 13:00

Es war 1980: Exakt die Hälfte der Jury des berühmten Warschauer Chopin-Wettbewerbes gab dem jungen Teilnehmer Ivo Pogorelich, der anderorts schon Wettbewerbe gewonnen hatte, exakt null Punkte. Die andere Hälfte hingegen das jeweils mögliche Maximum. Daraus wurde ein Skandal, die Mitglieder der Klavierelite Nikita Magaloff, Paul Badura-Skoda und Martha Argerich verließen unter Protest die Jury, letztere mit den Worten "Er ist ein Genie". Und Jahre später war der schöne Satz zu lesen: "Wie man weltberühmt wird, indem man einen Wettbewerb nicht gewinnt".

Ivo Pogorelich flog also aus dem Wettbewerb, weil er einigen Hütern des Chopin-Spiels zu weit gegangen war. Heute aber lassen wir den Skandal und seinen bitteren Nachgeschmack beiseite und feiern. Ivo Pogorelich hat nämlich heute seinen 60. Geburtstag. Und damit wir so richtig in Schwung kommen, haben wir einen anderen Musiker eingeladen, der ein Leben lang durch überraschende musikalische Winkelzüge die Musikwelt überrascht hat, den Trompeter Lester Bowie. Lester Bowie und Freunde veröffentlichten das Album "The Great Pretender", also der große Angeber, 1981, also in genau jener Zeit, in der Ivo Pogorelich schlagartig berühmt wurde. Mit "It's howdy doody time" geben sie heute bei Ivo Pogorelichs Geburtstagsfeier ihr Stelldichein. Als "großen Angeber" haben seit Anbeginn seiner Karriere viele Musikfans den Pianisten empfunden und er bekennt auch, an seinem Image irgendwo zwischen exzentrisch und arrogant in diesen Jahren selbst wie - Zitat - "an einem Spielzeug gebastelt" zu haben.

Aber um Exzentrik geht es musikalisch in den meisten Fällen bei ihm gar nicht, außer man nennt das sehr freie Auslegen der vorgegebenen Partitur schon so. Das hat auch eine viel längere Tradition als wir gemeinhin annehmen und Welte Mignon Klavierrollenaufnahmen vom Anfang des 20. Jahrhunderts - vor allem aus der russischen Tradition - lassen das auch nachhören. Und aus der russischen Tradition kommt ja der in Belgrad geborene, in Moskau ausgebildete Ivo Pogorelich. Sein Repertoire hat er, wie er sagt, wegen der Sorgfalt einzelnen Werken gegenüber recht klein gehalten. Scarlatti, Bach, Beethoven und natürlich Chopin sind Schwerpunkte, dann noch Mozart, Schumann und Liszt. Und: Russisches. Rachmaninoff, Prokofiev, Tschaikowsky.

Sendereihe

• Le week-end

Gestaltung

• Elke Tschaikner
• Christian Scheib