Barbara Frischmuth - ein Mädchenleben in bewegten Zeiten

"Verschüttete Milch". Von Barbara Frischmuth. Es liest Karola Niederhuber.
Gestaltung: Daniela Wagner

7. Juni 2019, 11:05

Juliane Felizitas Hedwig kommt im Sommer 1941 auf die Welt. Die ersten zehn Jahre ihres Lebens verbringt sie in einem kleinen, landschaftlich anziehenden Ort, in dem die Großeltern einen Hotelbetrieb mit Stammhaus und Dependance aufgebaut haben. In den langen Jahren des Krieges, aber auch in der Besatzungszeit beherbergt das Haus höchst unterschiedliche Menschen: Familienmitglieder, Bedienstete, Gäste, Parteiangehörige und Flüchtlinge. Sie alle spiegeln mit ihren persönlichen Erlebnissen und politischen Haltungen ein Stück Zeitgeschichte.

Juliane, die nach dem frühen Kriegstod des Vaters von häufig wechselnden Kinderfrauen betreut wird, erlebt einen Kosmos aus magischen Geschehnissen, unerklärlichen Dingen und rätselhaften Wörtern wie Juden, Bonzen, Evakuierte oder Widerständler. Unvoreingenommen stellt das Kind seine Beobachtungen an und ist Teil einer schier unüberschaubaren, aber aufregenden Welt. Mit jedem Tag hält das Leben neue Überraschungen und manchmal schicksalshafte Stunden bereit.

Viele Jahre später sortiert und bewertet Juliane die Erlebnisse anhand von Fotos und Erzählungen aus der Sicht einer Erwachsenen - ein Prozess, durch den die umfassende Familiengeschichte noch einmal eine besondere Wertschätzung erfährt.

Der Roman "Verschüttete Milch" enthält einige autobiographische Elemente und erinnert damit an Barbara Frischmuths Buch "Die Klosterschule", das bereits 1968 zu einem großen literarischen Erfolg wurde. Einer breiten Leserschaft ist die Schriftstellerin durch Romane wie "Die Entschlüsselung", "Der Sommer, in dem Anna verschwunden war" oder "Woher wir kommen" ein Begriff. Zahlreiche Kinder- und Jugendbücher, Hörspiele, Filmstoffe und Erzählungen stammen aus der Feder der 1941 in Altaussee geborenen Autorin und Übersetzerin, die Türkisch, Ungarisch und Orientalistik studierte.

Längere Auslandsaufenthalte führten die Trägerin des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst I. Klasse unter anderem in die Türkei, nach England, Japan und China und in die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Naturverbundenheit Barbara Frischmuths findet sich in ihren mittlerweile vier literarischen Gartenbüchern wieder: Zuletzt erschien 2015 der Band "Der unwiderstehliche Garten", eine Beziehungsgeschichte über die Liebe zum Garten und zum Gärtnern.