Der Waal namens "Moby-Dick"

AP/STEPHAN SAVOIA

Gedanken für den Tag

Brigitte Schwens-Harrant über Herman Melville

"Der suchende Matrose". Brigitte Schwens-Harrant, Literaturkritikerin und Feuilletonchefin der Wochenzeitung "Die Furche", über den Schriftsteller Herman Melville, anlässlich seines 200. Geburtstags. - Gestaltung: Alexandra Mantler.

Einwanderer und die Nation

Als Herman Melville 1819 in New York geboren wurde, zählte die Stadt etwa 120.000 Einwohner. Als er 1891 starb, waren es drei Millionen. Die Großstadt explodierte in den Jahrzehnten seines Lebens und entwickelte sich rasant. Europäische Auswanderer wurden schiffeweise an der amerikanischen Küste abgesetzt, vor allem Iren, die vor der Hungersnot im eigenen Land flohen. Sie hatten ihre Arbeitskraft oft bereits vorab verpfändet für die Überfahrt.

In seinem vierten Buch "Redburn" schildert Melville 1849 unter anderem das Elend dieser Auswanderer im vollgepferchten Zwischendeck eines Schiffes: "Es war so, als käme man in ein überfülltes Gefängnis", schreibt Melville. "Aus den Reihen der groben Kojen wandten sich Hunderte magerer schmutziger Gesichter uns zu."

In vielen seiner Werke erinnert Melville an die Idee von einer Nation, der man nicht durch eine bestimmte Herkunft angehört, sondern durch Zustimmung zu einem Ideal, das freilich noch nicht verwirklicht ist. Auch durch seinen berühmtesten Roman "Moby Dick" zieht sich die Vision von Freiheit, Demokratie und Gleichheit. "Lassen wir doch jenes viel erörterte Nationalthema endlich fahren: ob denn überhaupt solche Scharen armer Schlucker aus anderen Ländern an unseren amerikanischen Küsten landen sollten", schreibt Melville in "Redburn". "Geben wir lieber der allein möglichen Einsicht Raum, daß sie, wenn sie hergelangen können, weiß Gott auch das Recht dazu haben, und wenn sie auch ganz Irland mit all seinem Elend mitbringen."

Melville griff für seine Darstellungen wohl auf Zeitungsartikel, Augenzeugenberichte und die politischen Debatten seiner Zeit zurück. Seine Überlegungen bleiben aktuell bis heute: "Wir haben vielleicht zivilisierte Körper und barbarische Seelen. Wir sind blind gegenüber dem wirklichen Anblick dieser Welt, taub gegenüber ihren Stimmen und tot gegenüber ihrem Tod."

Service

Andrew Delbanco, "Melville. Biographie", Verlag Hanser
Arno Heller, "Herman Melville", Verlag Lambert Schneider

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Blake Neely
Komponist/Komponistin: Klaus Badelt/geb.1968
Komponist/Komponistin: Ramin Djawadi
Komponist/Komponistin: James Dooley
Komponist/Komponistin: Nick Glennie Smith
Komponist/Komponistin: Steve Jablonsky
Komponist/Komponistin: James McKee Smith
Komponist/Komponistin: Geoff Zanelli
Gesamttitel: PIRATES OF THE CARIBBEAN: THE CURSE OF THE BLACK PEARL / Original Filmmusik
Titel: Fog bound
Anderer Gesamttitel: FLUCH DER KARIBIK
Leitung: Blake Neely
Orchester: Filmorchester
Chor: Metro Voices
Choreinstudierung: Jenny O'Grady
Ausführender/Ausführende: Martin Tillman /Violoncello
Länge: 02:00 min
Label: Walt Disney Records/WEA 505046

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