Praxis - Religion und Gesellschaft

Sterben auf Verlangen?

Gottes linker Revolutionär: Befreiungstheologe Ernesto Cardenal ist gestorben +++ Streitthema Sterbehilfe - Urteil in Deutschland heizt auch Diskussion in Österreich an +++ Maria 2.0 - Katholische Frauen im Streik +++ Armutsforscherin Magdalena Holztrattner über Ethik in der Wirtschaft

1. Gottes linker Revolutionär: Befreiungstheologe Ernesto Cardenal ist gestorben

Er nannte sich "Sandinist, Marxist und Christ" und er war wohl eine der schillerndsten Figuren Lateinamerikas: Der Dichter, Befreiungstheologe und ehemalige nicaraguanische Kulturminister Ernesto Cardenal ist am 1. März im Alter von 95 Jahren in Managua an Herz- und Nierenversagen gestorben. Der mit zahlreichen Preisen geehrte katholische Theologe war bis ins hohe Alter aktiv und nahm pointiert zu politischen und kirchlichen Fragen Stellung. Im Jahr 1985 hatte Papst Johannes Paul II. (1978-2005) Cardenal die Ausübung des priesterlichen Dienstes verboten, weil dieser nach der Revolution gegen die Somoza-Diktatur in Nicaragua ein Ministeramt in der Revolutionsregierung bekleidet hatte. Im Februar 2019 hatte Papst Franziskus überraschend alle kirchlichen Sanktionen gegen den Priester, dessen Gesundheitszustand damals als besorgniserregend galt, aufgehoben. - Gestaltung: Maria Harmer und Alexandra Mantler


2. Streitthema Sterbehilfe - Urteil in Deutschland heizt auch Diskussion in Österreich an

Ist die Entscheidung in Deutschland ein "fundamentaler Durchbruch für ein Sterben in Würde", wie die "Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende" meint? Oder erhöht die Erlaubnis zum assistierten Suizid den Druck auf ältere und pflegebedürftige Menschen? Ist also der sogenannte freie Wille, sterben zu wollen, dann wirklich immer so frei, wie der Medizinethiker und katholische Priester Matthias Beck zu bedenken gibt? Die Aufhebung des Verbots der geschäftsmäßigen Sterbehilfe durch das deutsche Verfassungsgericht vergangene Woche hat unterschiedliche Reaktionen ausgelöst - auch in Österreich. Denn hier sind die sogenannte "Tötung auf Verlangen" und "Mitwirkung am Suizid" weiterhin verboten. Christliche Organisationen warnen vor einer Legalisierung der Sterbehilfe in Österreich und fordern den im Regierungsprogramm verankerten Ausbau von Palliativ- und Hospizeinrichtungen. Die "Österreichische Gesellschaft für ein Humanes Lebensende", kurz ÖGHL, hingegen begrüßt das deutsche Urteil. Die Gesellschaft versucht, das strikte Verbot der Sterbehilfe in Österreich zu kippen. Maria Harmer hat den katholischen Priester, Medizinethiker und Arzt Matthias Beck sowie den Anwalt Wolfram Proksch, Mitglied des Beirates der "Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende", zu einer Diskussion ins Studio gebeten.


3. Maria 2.0 - Katholische Frauen im Streik

Maria 2.0 - so heißt eine Initiative römisch-katholischer Frauen, die sich für Geschlechtergerechtigkeit in ihrer Kirche einsetzt. Die feministische katholische Theologin und Philosophin Mary Daly hat einmal pointiert gemeint: "Die Forderung einer Frau nach Gleichheit in der Kirche wäre vergleichbar mit der Forderung eines Schwarzen nach Gleichheit im Ku-Klux-Klan." Doch es gibt sie, die Unermüdlichen: Mit eigens gestalteten Gottesdiensten, Internet-Aktivitäten, Transparenten, Mahnwachen - vor allem aber mit Streik-Aktionen - wollen die Initiatorinnen von Maria 2.0 auf ihr Anliegen aufmerksam machen. Ihren Ausgang hat die Initiative vor etwa einem Jahr genommen - die Initialzündung ist aus Deutschland gekommen. Mittlerweile haben sich auch Gläubige in der Schweiz der Bewegung angeschlossen. In Österreich ist es vergleichsweise ruhig - aber auch hier gibt es Pfarren, die für Maria 2.0 aktiv sind. Eine davon liegt im Süden Wiens, in Inzersdorf. Brigitte Krautgartner hat sie kurz vor dem Internationalen Frauentag besucht.


4. Armutsforscherin Magdalena Holztrattner über Ethik in der Wirtschaft

"Welchen Beitrag leiste ich, dass die Gesellschaft stabil bleibt, in einem dynamischen Gleichgewicht, wo auch Unterschiede und Diversität erwünscht sind und Pluralität ein Gewinn ist und keine Bedrohung?", fragt sich die Armutsforscherin und katholische Theologin Magdalena Holztrattner. Durchaus aktuell angesichts von Tränengas und Blendgranaten gegen Flüchtlinge an der türkisch-griechischen Grenze. Aber auch Klimawandel und eine zunehmende Digitalisierung stellen unsere Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Magdalena Holztrattner, Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreichs, plädiert im Interview mit Volker Obermayr für mehr soziale Gerechtigkeit und ein solidarisches Wirtschaften. Sie spricht aber auch darüber, warum sie sich - trotz der Unbeweglichkeit der katholischen Kirche in Bezug auf die Rolle von Frauen - noch immer beheimatet fühlt in ihrer Kirche. - Gestaltung: Volker Obermayr

Moderation: Alexandra Mantler

Service

Ernesto Cardenal 95-jährig verstorben
Matthias Beck
Hospiz Österreich
Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende
Maria 2.0
Pfarre Inzersdorf - Sankt Nikolaus
Kirche ohne Frauen: Wenn Katholikinnen streiken
Katholische Sozialakademie Österreichs

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