Lahav Shani lächelnd

MARCO BORGGREVE

Das Ö1 Konzert

Solo für Bartók

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Dirigent: Lahav Shani; Renaud Capuçon, Violine. Béla Bartók: a) aus: Bilder aus Ungarn Sz 97; b) Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 Sz 112; c) Konzert für Orchester Sz 116 (aufgenommen am 29. November 2019 im Herkulessaal der Münchner Residenz). Präsentation: Peter Kislinger

Lahav Shani leitete im Herbst 2019 im Herkulessaal der Münchner Residenz ein ausschließlich der Musik Béla Bartóks gewidmetes Programm. Der 31-jährige Israeli ist Chefdirigent des Rotterdam Philharmonic Orchestra und wird ab Saisonbeginn 2020/21 Zubin Mehtas Nachfolger an der Spitze des Israel Philharmonic Orchestra.
Der französische Geiger Renaud Capuçon spielte das noch in Europa entstandene 2. Violinkonzert, das zu einem der meist aufgeführten Violinkonzerte des 20. Jahrhunderts geworden ist.

Konzert für Orchester

Aus Angst, Ungarn könnte "eine deutsche Kolonie" werden, übersiedelte Bartók 1940 "weg aus der Nachbarschaft dieses verpesteten Landes" in die USA. Bartóks Sohn bestand darauf, dass dies "keine Emigration" gewesen sei. 1943, im Alter von 62, kurz nach seiner Ankunft in den USA, erhielt Bartók auf Anregung des ungarisch-amerikanischen Dirigenten Fritz Reiner, der Bartók seit 1903 gekannt hatte, von der Stiftung des Dirigenten Sergei Kussewizki einen Auftrag zu einem großen Orchesterwerk. Die Uraufführung durch das Boston Symphony Orchestra am 1. Dezember 1944 in der Symphony Hall Boston unter Kussewizki und Folgeaufführungen bescherten dem Komponisten zehn Monate vor seinem Tod enorme Erfolge, die von den Avantgardisten feindselig kommentiert wurden.

Beifall als Indikator schlechter Musik?

Der Dirigent und Musikpädagoge René Leibowitz warf 1947 Bartók eine "kompromisslerische" Haltung vor. Er habe die Entwicklung der Musik, die der Musik "immanent und objektiv" angelegten Möglichkeiten, die Bartók noch in seinem "progressivsten" Werk, dem 4. Streichquartett (1928) respektiert habe - etwa die Auflösung bzw. Aufgabe der Tonalität oder die "Emanzipation der Dissonanz" - zugunsten eines billigen Erfolgs beim konservativen Publikum verraten.
Ins selbe Horn blies 1958 der Komponist und Dirigent Pierre Boulez, der den "inneren Zusammenhang der Sprache", vermisste, "was allerdings durch die Fruchtbarkeit der gestaltenden Fantasie in kurzlebigen Einfällen bemäntelt wird". Auch die Inspiration durch Folklore im Werk Bartóks war Boulez suspekt. Von den Orchesterwerken Bartóks werde nur die "Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta" Bartóks Namen "lebendig erhalten". Bartóks "Konzert für Orchester" sei "weit davon entfernt, gut zu sein . Oft sind die Stücke, denen am meisten Beifall gespendet wird, die am wenigsten guten". Bartóks Werke seien "pathetisch" und es ließe sich bei Bartók im Vergleich zu anderen großen Komponisten des 20. Jahrhunderts (Schönberg, Berg, Webern, Strawinsky, Varèse) ein Mangel an "Einheit, Originalität, Stringenz, Komplexität, Schärfe und Dynamik" feststellen. Boulez hat das Werk später mit dem New York Philharmonic und dem Chicago Symphony Orchestra auf Tonträger aufgenommen und häufig im Konzertsaal dirigiert.

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Bela Bartok/1881 - 1945
Titel: BILDER AUS UNGARN, Sz 97 BB 103
* Nr.5 Hirtentanz
Anderssprachiger Titel: Ungarische Skizzen
Orchester: Symphonieorchester des Bayrischen Rundfunks
Leitung: Lahav Shani
Länge: 02:00 min
Label: EBU

Komponist/Komponistin: Bela Bartok/1881 - 1945
Titel: Konzert für Violine und Orchester Nr.2
* Allegro non troppo - 1.Satz
* Andante tranquillo - 2.Satz
* Allegro molto - 3.Satz
Violinkonzert
Solist/Solistin: Renaud Capucon / Violine
Orchester: Symphonieorchester des Bayrischen Rundfunks
*Lahav Shani
Länge: 38:00 min
Label: EBU

Komponist/Komponistin: Bela Bartok/1881 - 1945
Titel: Konzert für Orchester Sz 116
Orchesterkonzert
* Introduzione : Andante non troppo; Allegro - 1.Satz
* Presentando le coppie : Allegro scherzando - 2.Satz
* Elegia : Andante, non troppo - 3.Satz
* Intermezzo Interrotto : Allegretto - 4.Satz
* Finale : Pesante; Presto - 5.Satz
Orchester: Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Lahav Shani
Länge: 37:00 min
Label: EBU

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