Medizin und Gesundheit

Wenn der Applaus verhallt

Der Pflegeberuf nach Corona


Sie waren die Heldinnen und Helden in der COVID-19-Krise. Nun tritt wieder Ernüchterung ein. Denn außer ein paar Lippenbekenntnissen, dass man der systemrelevanten Arbeit der Gesundheits- und Krankenpflegerinnen künftig wertschätzender gegenübertreten müsse, ist nicht viel geblieben. Aber nach Corona ist möglicherweise vor Corona und die professionelle Kompetenz von Pflegenden wird von vielen auch weiterhin deutlich unterschätzt.

Beunruhigende Zahlen

Bis 2050 wird der Anteil der Menschen über 80 Jahren laut Prognosen auf mehr als das Doppelte ansteigen. Hinzu kommt der eklatante Fachkräftemangel im Pflegebereich. Denn auch viele diplomierte Krankenpflegerinnen aus den geburtenstarken Jahrgängen gehen in den kommenden Jahren in Pension. Bis 2030 werden laut dem Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) rund 24.000 Pflegekräfte in Österreich fehlen. Nachwuchs ist rar - kein Wunder, gilt doch der Pflegeberuf zwar als zukunftssicher, jedoch nicht als sonderlich attraktiv. Auch und weil Pflegepersonen ihren Beruf mit hohem Engagement ausüben, geraten viele nach einigen Jahren an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Mit zunehmenden personellen Engpässen steigt naturgemäß die Unzufriedenheit bei den verbleibenden Mitarbeitern im stationären Bereich. Die mobile Pflege kämpft mit mäßiger Bezahlung und mangelnder Unterstützung.

Woran es in der Pflege mangelt

Dabei begleitet die Diskussion rund um das Pflegepersonal bereits zahlreiche Regierungsteams. So wurde mit der Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes 2016 (GuKG-Novelle) die dreistufige Pflegeausbildung (Pflegeassistenz, Pflegefachassistenz und der akademische gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege) beschlossen, um eine hohe Ausbildungsqualität zu gewährleisten.
Nun, da auch im Gesundheitssystem langsam wieder Normalität einkehrt, kündigt das Wirtschaftsministerium an, die, bereits vor Monaten geplante, gesetzliche Grundlage für die Einführung einer Pflegelehre schaffen zu wollen - nach dem Schweizer Modell. Die Umsetzung solle "so schnell wie möglich" erfolgen. Diese Idee stößt nicht überall auf Gegenliebe. Der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) kritisiert etwa den frühen Einstieg - bereits ab dem 15. Lebensjahr - in einen belastenden Beruf. Auch sei nicht zu erwarten, dass sich die prekäre Lage rund um den Pflegenotstand durch die Schaffung eines weiteren Ausbildungszweiges entschärfen wird. Vielmehr wäre eine adäquate Honorierung der Pflegekräfte wünschenswert. Auch die Diakonie fordert eine kostenlose Ausbildung für sämtliche Pflegeberufe und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Seit 2020 ist mit der Aufnahme in der Pflegeberufe in die Mangelberufsliste ein erster Schritt zur Entschärfung der Situation getan, da so ein erleichterter Zuzug ausländischer Kräfte möglich ist.

Nachdem in der vergangenen Ausgabe von Medizin und Gesundheit über die Anliegen der Ärzteschaft nach Corona gesprochen wurde, stellt Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz mit seinen Gästen nun die Pflegeberufe in den Mittelpunkt.

Moderation: Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz
Sendungsvorbereitung: Dr. Ronny Tekal
Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Wenn Sie selbst in einem Pflegeberuf arbeiten: Wie haben Sie die Corona-Zeit erlebt und war der Applaus gerechtfertigt?

Wo liegen die Schwierigkeiten im Bereich der Pflege - haben wir einen Notstand?

Wird dem Beruf seitens der politisch verantwortlichen Personen, ausreichend Respekt gezollt?

Ist die Schaffung der Pflege-Lehre Ihrer Meinung nach sinnvoll?

Service

Gäste am Telefon:

Univ.-Prof. Mag. Dr. Gerhard Müller
Vorstand des Instituts für Pflegewissenschaft, Leiter des Departments für Pflegewissenschaft und Gerontologie, Institut für Pflegewissenschaft
UMIT - Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik
Eduard-Wallnöfer-Zentrum 1
A-6060
Hall in Tirol
Tel: +43 50 8648-3000
E-Mail
Homepage

Silvia Riepl
Direktorin des Pflegedienstes
Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, akad. HCM
SMZ-Süd Kaiser-Franz-Josef Spital mit Preyer´schem Kinderspital (Klinik Favoriten)
Kundratstraße 3
A-1100 Wien
Tel. +43 1 60 191-1410
E-Mail
Homepage

Weitere Anlaufstellen und Infolinks:

Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband
Fachmagazin Pflegenetz
CoV-Krise erhöht Druck auf Pflegepersonal (kaernten.orf.at 12.5.2020)
Wirtschaftsministerin macht ernst mit Pflegelehre (Wiener Zeitung 26.5.2020)
Stellungnahme der ÖGKV zur Pflegelehre
Österreich braucht dringend Pflegenachwuchs (Stellungnahme des Seniorenbundes)
Pflegelehre - So machen das die Schweizer (Kurier, 16.1.2020)
Pflegeinfo Sozialministerium

Pflegetelefon des Sozialministeriums
+43 1 71100 862286
Pflegetelefon

Interessensgemeinschaft Pflegender Angehöriger
Pflegeberatung des Fonds Soziales Wien
Pflegenotstand in Österreich ("Medizin und Gesundheit" vom 28.11.2019)

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