Ohne Bana im Nirwana

17. Juni 2020, 17:30

Nein, so ganz ohne, das ist sich für Roland Neuwirth doch nicht ausgegangen, ganz ohne Musik. Nach Karl Hodina der zweite große Erneuerer des Wienerlieds und Mitbegründer des Neuen Wienerlieds hatte ja der Bühne und seinen Extremschrammeln nach 40 Jahren 2016 "Adieu" gesagt.

Jetzt meldet er sich zurück, allerdings navigiert er auf neuem Niveau mit dem klassisch besetzten radio.string.quartet, das mit hör- und spürbarer Neugier gemeinsam mit Neuwirth neues Terrain erkundet. Bis auf einen Text seines Lieblingsdichters Peter Rühmkorf, stammen alle Texte und die gesamte Musik von Neuwirth selbst. Wobei die Arrangements des Quartetts ihm völlig neue Perspektiven aufs eigene Werk ermöglichen.

Wo das auf der musikalischen Landkarte zu finden ist? Schwer zu definieren. An der Schnittstelle - gäbe es sie denn - von klassischem Streichquartett und Wienerlied, Wiener Musik, Chanson, bisschen später Romantik, kaum Kaffeehaus, dafür gar nicht so wenig 20. Jahrhundert. Aber das ist vollkommen belanglos. Denn hier ist gelungen, etwas Neues und Eigenes zu schaffen, das vollkommen plausibel wirkt. Und sehr eindringlich.

Denn die Musik hat hier oft dieselbe Funktion wie die Dichtung, die anspruchsvollen Arrangements agieren auf derselben Ebene wie die Texte, was große Spannung erzeugt. Zu Beginn spuckt der Tag einen aufs Pflaster, schon im zweiten Lied treibt er im Weltall, im "Nirwana ohne Bana", später dann ein Totentanz, der einem in die "Bana", also in die Knochen fährt. Alles in allem ein Neuwirthsches Welttheater in kammermusikalischer Dichte. Stark.

Sendereihe

• Spielräume

Gestaltung

• Mirjam Jessa