4. UN-Weltfrauenkonferenz in Beijing

AP/GREG BAKER

Radiokolleg - 25 Jahre Weltfrauenkonferenz in Peking

Ein Schritt vor und zwei zurück? (1). Gestaltung: Ulla Ebner

Im September 1995 hatten Frauenrechtsaktivistinnen Grund zu feiern. Auf der 4. UN-Weltfrauenkonferenz in Peking war es nach nächtelangen, teils heftigen Diskussionen gelungen, sich auf ein ambitioniertes Abschlussdokument zu einigen. Es war eine der größten jemals veranstalteten Konferenzen: 47.000 Frauen waren zur UN-Konferenz und zum parallel stattfindenden NGO-Forum angereist. Die "Aktionsplattform von Peking" definierte 12 Themenbereiche, in denen die UN-Mitgliedsstaaten Gesetze zur Abschaffung von Frauendiskriminierung beschließen sollten: Von Gewaltschutz über Bildung, bis hin zu gerechten Löhnen, Medienpolitik, Frauen und Umwelt. Im Gesundheitskapitel war vom "Recht auf ein selbstbestimmtes und befriedigendes Sexualleben" die Rede - sehr zum Ärger des Vatikan und einiger muslimischer Länder.

Auch gewisse Konflikte zwischen Frauen im Globalen Süden und im Norden konnten in Peking überbrückt werden. Bei Vorgänger-Konferenzen war es da noch ziemlich hitzig zugegangen. Frauen aus Europa und den USA sahen die ungerechte Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen als das zentrale Grundübel der Gesellschaft an. Frauen aus Afrika, Asien und Lateinamerika betrachteten das als "Luxusproblem". Sie wollten das "neokoloniale", globale Wirtschafts- und Handelssystem ins Zentrum der Diskussion rücken. In Peking gelang eine Annäherung.

Voller Enthusiasmus fuhren die Delegierten zurück in ihre Länder und wollten sofort mit der Umsetzung beginnen. Einiges ist tatsächlich gelungen, zum Beispiel im Bereich Gewaltschutz. Anderes bis heute nicht. Die damalige österreichische Frauenministerin, Helga Konrad (SPÖ), startete kurz nach ihrer Rückkehr die Kampagne "Ganze Männer machen halbe-halbe". Sie wollte Männer gesetzlich zur Hausarbeit verpflichten und machte sich damit wenig Freunde in der Regierung - auch nicht bei ihren Parteikollegen. Bis heute hat sich der Anteil der unbezahlten Arbeit, den Männer im Bereich Haushalt, Kinderbetreuung und Pflege leisten, nur minimal erhöht. Die Abschlusserklärung von Peking gilt auch 25 Jahre später noch als Meilenstein der internationalen Frauenrechte.

Inzwischen sind mit Themen wie Klimawandel, Digitalisierung und Coronakrise neue Herausforderungen hinzugekommen. Wäre es nicht langsam Zeit für eine fünfte Weltfrauenkonferenz? "Bloß nicht!", sagen Frauenrechtsaktivistinnen. Denn in der Welt von heute wäre ein so fortschrittliches Dokument nicht mehr möglich. Rückschritte befürchten sie insbesondere bei den sogenannten sexuellen und reproduktiven Rechten von Frauen. Also bei Themen wie Sexualaufklärung, Abtreibung, das Recht seinen Ehepartner selbst zu wählen, die Frage, was eigentlich unter einer "Familie" zu verstehen ist. In Teilen der Welt hat eine konservative Wende stattgefunden: Rechtspopulisten, Islamisten und evangelikale Pfingstkirchen haben an politischem Einfluss gewonnen. Das "Radiokolleg" versucht eine Bestandsaufnahme, wie sich in diesem Vierteljahrhundert seit Peking die Welt für Frauen verändert hat.

Service

Pekinger Erklärung und Aktionsplattform
UN Women
DAWN - Development Alternatives with Women for a New Era
WIDE - Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven
Women and Gender Constituency
Gender cc

Care Österreich - Studie: "Wo sind die Frauen? Die Abwesenheit von Frauen in der Bekämpfung von COVID-19"

Care Österreich - Bericht:
"Geschlechtsspezifische Gewalt und COVID-19"

Care Österreich - Bericht: "Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Einkommenssituation von Frauen"

Wirtschaftsuniversität Wien - Genderspezifische Effekte von Covid-19


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