Blätter fallen von einem Ast.

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Gedanken für den Tag

Franz Josef Weißenböck über Tod und Leben

Um den eigenen Tod zu wissen, ist Auszeichnung und Last des Menschen. Hier komme auch die Religion ins Spiel, sagt der katholische Theologe und Autor Franz Josef Weißenböck

Wenn in diesen Tagen viele Menschen ihrer Toten gedenken, dann mag bei manchen auch der Gedanke an den eigenen Tod hochkommen. Das eigene Sterben kann sich dabei im Bewusstsein von einer ständigen Möglichkeit zu einer bevorstehenden Wirklichkeit wandeln. Daraus aber ergibt sich die Frage: Was wird nachher sein, nach dem Tod? Wird es überhaupt so etwas wie ein "Nachher" geben? Viele meinen, mit dem Tod sei "alles aus". Manche glauben an Wiedergeburt und Seelenwanderung, andere an eine Auferstehung und an ein ewiges Leben. "Das Leben ist allzu arm", sagt Jorge Luis Borges, "um nicht auch unsterblich zu sein".

Für gläubige Menschen ist der Tod der Übergang in ein ewiges Leben. Das ist eine schöne und tröstliche Vorstellung. Sie kann aber auch grauenerregend sein. Es kommt drauf an, was man unter Ewigkeit versteht. Verbreitet ist die Auffassung, Ewigkeit bedeute endlose Dauer. Man muss sich das nur intensiv genug vorstellen, um das unendliche Erschrecken zu erleben, das aus dieser Endlosigkeit folgt.

Was also kann mit Ewigkeit gemeint sein, wenn es nicht um endlose Dauer geht? Um das Jahr 525 saß in Pavia in der Lombardei ein gewisser Boethius im Gefängnis. Er war unter König Theoderich des Hochverrats angeklagt. Der Prozess endete mit dem Todesurteil, Boethius wurde enthauptet. Den Tod vor Augen, schrieb er im Gefängnis ein Buch, das unter dem Titel "Trost der Philosophie" bekannt ist. In diesem Buch findet sich eine Annäherung an das, was man unter Ewigkeit verstehen kann. "Ewigkeit", schreibt Boethius, "ist der vollständige, perfekte Besitz unbegrenzbaren Lebens". Das kann man sich wohl auch nicht wirklich vorstellen, aber ich kann damit besser leben als mit Ewigkeit als endloser Dauer.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Antonio Vivaldi
Album: L' Estro armonico - 12 Concerti op.3
* Allegro - 4.Satz (00:01:47)
Titel: Concerto für 4 Violinen, Streicher und B.c. in e-moll op.3 Nr.4 RV 550
Ausführende: I Musici
Länge: 01:47 min
Label: Philips 4121292

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