Hubert Gaisbauer über John Henry Newman

12. Dezember 2020, 06:56

Als John Henry Newman im Jahr 1879 von Papst Leo XIII. in den Kardinalsstand erhoben wurde, wählte er für sein Kardinalswappen das Motto ,Cor ad cor loquitur', Herz spricht zum Herzen. Newman erinnert damit an das Wort des Heiligen Franz von Sales: "Der Mund hat gut reden, aber nur das Herz spricht zum Herzen".

Während seine theologischen Abhandlungen Spezialisten vorbehalten sein mögen, Newmans Gedichte und Gebete finden in ihrer sprachlichen Wärme und Schönheit auch heute eine spirituell anspruchsvolle Leserschaft. Newmans Predigten in seiner anglikanischen Oxford-Zeit waren berühmt. "So stark und doch so zärtlich", schrieb damals ein berühmter Poetikprofessor über Newmans Predigtstil, "wie das Zupacken der Hand eines starken Mannes, kombiniert mit dem Zittern des Herzens einer Frau."

Bei längerer Lektüre von Newmans Texten nimmt ein Gedanke immer deutlicher Gestalt an: Es kommt auf mich an, ob mehr oder weniger Gott ist auf der Welt. "Ich bin auf meinem Platz so nötig wie ein Erzengel auf dem seinigen. Ich bin ein Ring in der Kette, ein Faden in dem Band, das Menschen miteinander verbindet."

Beten im Geiste Newmans ist Zustimmung. Hingabe. Ich bete nicht, weil ich glaube, sondern ich glaube, weil ich bete. "Die klassischen Gottesbeweise erwärmen und erleuchten mich nicht", schreibt er, "sie nehmen den Winterfrost nicht von mir, bringen keine Knospen in mir zur Entfaltung und keine Blätter zum Grünen, sie lassen meine Seele freudenleer." "Reale Zustimmung mit Kräften des Gefühls und der Fantasie spricht unsere Lebensentscheidungen an und lässt uns nach unserem Gewissen handeln.". "Ich werde - und möchte - ein Engel des Friedens sein, ein Künder der Wahrheit, absichtslos. Ich möchte verkünden, auch ohne zu predigen - indem ich allen um mich leuchte! Wie das gehen soll? Du weißt es, du."

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• Alexandra Mantler