Ein Butterbrot mit Buttermesser

APA/HELMUT FOHRINGER

Medizin und Gesundheit

Fett, das ungeliebte Organ

Ohne Fett wären wir übel dran

Fett hat kein gutes Image. Weder am Teller noch am Körper. Zu Unrecht, denn ausreichend Fettgewebe gehört nun einmal zu einem intakten Körper und "kein Gramm Fett an den Hüften" ist definitiv nicht gesund.
Während das Baufett die Organe auspolstert und z.B. Wangen, Augen oder Fußsohlen eine Struktur gibt, sorgt das Speicherfett dafür, dass wir Reserven haben, von denen wir in Zeiten der Nahrungsmittelknappheit zehren können. Neben dem subkutanen Fett, das zwischen Haut und Muskulatur eine Isolierschicht bietet, vor Kälte schützt und kontinuierlich Energie bereitstellt, dient das viszerale Fett im Inneren der Bauchhöhle der raschen Energiegewinnung. Es stellt zudem auch das größte endokrine, also hormonbildende Organ des Körpers dar. Dies kann problematisch sein, denn allzu viel Bauchfett - wie man es vom klassischen Bierbauch kennt - begünstigt Diabetes, Gefäßerkrankungen und Entzündungsprozesse im Körper. Außerdem erhöht es das Risiko, einen schweren Verlauf von COVID-19 zu erleiden. Adipöse Personen mit einem stark erhöhten BMI zählen hier zur Hochrisikogruppe.

Die Spielarten des Fettgewebes

Neben dem weißen Fettgewebe, das dafür sorgt, dass wir bis zu 40 Tage ohne Nahrungszufuhr auskommen könnten und das mit 99 Prozent den Hauptteil des Körperfettes ausmacht, gibt es noch das braune Fettgewebe, Dieses dient der Wärmeerzeugung und Stabilisierung der Körperkerntemperatur. Mutter Natur hat es zum Schutz der Babys erdacht, weil diese noch keine vor Kälte schützende Fettschicht besitzen. Nach den ersten Lebensmonaten bildet sich das braune Fettgewebe weitgehend zurück.
Manche Erwachsene verfügen noch über kleine Depots in den tiefen Nacken/Halsbereichen sowie im Brustkorb. Forscher fanden heraus, dass Menschen mit aktivem braunem Fettgewebe um 15 Prozent mehr Kalorien verbrennen als solche, die über keines verfügen.
Vor knapp zehn Jahren wurde zudem das beige Fettgewebe als weitere Untereinheit definiert. Dabei handelt es sich um Fettzellen, die diffus verteilt im weißen Fettgewebe liegen. Sie sind besonders reich an Mitochondrien und damit in der Lage, ordentlich Kalorien zu verbrennen. Bei Kälte oder erhöhter körperlicher Aktivität lassen sich diese versteckten beigen Fettzellen aktivieren
Mittels spezieller Kälteanwendungen (Kältewesten, Kältekammer) versucht man, diese Fettart therapeutisch zu nutzen.

Gutes und böses Fett am Teller

Die Menge an Fett in der Nahrung spielt natürlich eine gewichtige Rolle für unsere Gesundheit. Jedoch ist der Sachverhalt komplexer als früher angenommen. Denn es kommt zum einen auf die Art, zum anderen auch auf die Qualität der zugeführten Fette an. Fettreduzierte "Light"-Produkte haben meist einen erhöhten Zuckeranteil und legen sich erst recht als Fettpölsterchen an. Im ständigen Wechselspiel von Speicherung und Bereitstellung von Energie ist Insulin das zentrale regulierende Hormon. Es wird bei jeder kohlenhydratreichen Nahrungsaufnahme aus der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet, verhindert die Fettverbrennung und ist somit der Gottseibeiuns der Diätwilligen. Auch andere Hormone, wie das Ghrelin des Magens oder das Leptin aus den Fettzellen selbst steuern Appetit und Sättigungsgefühl.
Die schlechte Nachricht: Unsere Fettzellen sind nicht nur Wachstumskünstler, sie haben auch ein hervorragendes Gedächtnis, wie die plastische Chirurgin Anna-Theresa Lipp erklärt. Waren sie einmal prall und fett, möchten sie immer wieder in diesen Zustand zurückkehren. Umso wichtiger, Übergewicht bereits bei Heranwachsenden zu vermeiden.

Spezialfall "Lipödem"

Das Fettgewebe kann auch selbst erkranken. Jede 10. Frau ist vom sogenannten Lipödem betroffen. Dabei vermehrt sich das Unterhautfettgewebe - meist hormonell getriggert - stark. Diese Fettverteilungsstörung ist von Flüssigkeitsansammlungen und Schwellungen begleitet. Unangenehme Spannungsgefühle und Schmerzen sind die Folge. Diäten und Sport helfen hier kaum und oft kann nur die plastische Chirurgie etwas erreichen, wie Anna-Theresa Lipp erläutert, die selbst an dieser Erkrankung leidet.
Dr. Ronny Tekal bricht mit seinen Studiogästen in der aktuellen Ausgabe des Radiodoktors eine Lanze für das so ungeliebte Fett und zeigt auf, wie man der Schmied seines eigenen Körpers werden kann.

Eine Sendung von Dr. Ronny Tekal und Dr. Christoph Leprich

Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Wie viele Diäten haben Sie schon ausprobiert?
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Fühlen Sie sich mit ein paar Pfunden mehr wohl in Ihrem Körper oder hadern Sie mit Ihrem Gewicht?

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Service

Gäste am Telefon:

Univ.-Prof. Dr. Anton Luger
Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie
Langjähriger Vorstand der Abteilung für klinische Endokrinologie und Stoffwechsel am AKH Wien
Florianigasse 58/3
1080 Wien
Tel: +43/1/4050408
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Dr.in Anna-Theresa Lipp
Fachärztin für Plastische und Ästhetische Medizin
Lipödem-Betroffene und Autorin des Buches "Fett ist Nett"
Sendlinger Straße 21
D-80331 München
Tel.: +49/89/38 38 08 66
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Ing.in Claudia Fuchs
Psychotherapeutin für systemische Familientherapie
sowhat. Kompetenzzentrum für Menschen mit Essstörungen
Gerstnerstraße 3, 1150 Wien
Grenzgasse 12, 3100 St. Pölten
Bahnstraße 4, 2340 Mödling
Tel.: +43 1 4065717-0
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Weitere Anlaufstellen und Info-Links:

Neue Erkenntnisse zum braunen Fett (Meduni Wien 2020)
Adipositas (netdoktor.at 2017)
Infos zu Fettstoffwechselstörungen (NDR 2020)
Österreichische Adipositasgesellschaft (ÖAG)
Österreichische Diabetesgesellschaft (ÖDG)
Österreichische Lymphliga
Frauensache - Plattform für ein Leben mit Lipödem

Buch-Tipps:

Anna-Theresa Lipp, "Fett ist nett. Das ungeliebte Organ endlich verstehen", Fischer Krüger Verlag 2021

Alexander Klaus, Brigitte Erlacher, "Die Abnehm-Docs: Nachhaltig und gesund abnehmen mit den Profis", Kneipp Verlag 2019

Franca Mangiameli, "Außen schlank - innen fett: Warum verstecktes Bauchfett auch für schlanke Menschen gefährlich ist", Trias 2020

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