Ein wildes Tier in einem Käfig, dahinter ein Polizist.

PAUL HILTON

Vom Leben der Natur

Tiere am Tatort

Der Genetiker Stefan Prost über die Wildtierforensik
Teil 1: Viele Disziplinen und Einsatzgebiete
Gestaltung: Julia Grillmayr

Die Wildtier- und Naturschutzforensik untersucht allerlei nicht-menschliche biologische Proben, die an potenziellen Tatorten gefunden werden. "Der Name ist nicht ideal gewählt", sagt Stefan Prost, denn es geht weder nur um Tiere noch allein um Naturschutz. Verschiedene Disziplinen und Methoden, von Genetik bis Taxonomie kommen zum Einsatz, um festzustellen, ob eine Straftat vorliegt, etwa ob ein Tier einer geschützten Art vorsätzlich vergiftet oder gejagt wurde. Der Abschuss von geschützten Arten, wie etwa Raubvögeln, Wölfen oder Fischottern komme auch in Österreich immer häufiger vor. Darüber hinaus unterstützt die Wildtierforensik auch die sogenannte Humanforensik, wenn etwa Hundehaare oder Rückstände von Pflanzen an einem Tatort gefunden werden. Der bei weitem größte Einsatzbereich der Naturschutzforensik ist allerdings der illegale Handel mit Wildtieren und Wildpflanzen, der nach wie vor sehr große Ausmaße hat und in den letzten Jahren noch gewachsen ist.

Wird ein Tier oder eine Pflanze beziehungsweise ein tierisches oder pflanzliches Produkt beim Zoll festgestellt, kommt die Wildtier- und Naturschutzforensik zum Einsatz, um nachzuweisen, ob es sich um geschützte Arten handelt. Das ist in vielen Fällen schwierig. Etwa kann es vorkommen, dass Wildtiere aus illegalem Fang mit legal gehandelten Zuchttieren gemeinsam angeboten werden. Besonders knifflig sind auch verarbeitete und zusammengesetzten Produkte, wie medizinische Präparate oder Musikinstrumente, wo oftmals nur die genetische Analyse weiterhelfen kann. Aber auch bei Elfenbeinfunden ist es nicht immer eindeutig, ob es sich um eine Straftat handelt, da der Handel mit Elefanten-Elfenbein in einer gewissen Zeitspanne legal war und auch weil Elfenbein von Walrossen oder den bereits ausgestorbenen Mammuts legal gehandelt werden kann. In diesem Fall betrachten die Wildtierforensiker/innen eine Probe unter dem Mikroskop. Da Mammut-Elfenbein lange in der Erde lag, kann man mineralische Ablagerungen darin erkennen. Allerdings gäbe es bereits Gruppen, die diese Ablagerungen künstlich nachbilden, um ihren illegalen Handel mit Elefanten-Elfenbein zu vertuschen. "Das ist in der Wildtierforensik immer ein Wettlauf", sagt Stefan Probst.

Auch auf Wildtiermärkten spielt die Wildtier- und Naturschutzforensik eine wichtige Rolle. Sie untersucht, ob sich geschützte Arten unter den gehandelten Tieren befinden, aber auch, ob es sich um Tiere handelt, die bestimmte Krankheitserreger auf den Menschen übertragen könnten. Mit umfassendem Monitoring dieses Tierhandels will man der Ausbreitung dieser sogenannten Zoonosen, wie auch SARS-CoV-2 eine ist, vorbeugen.

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GESPRÄCHSPARTNER:
Dr. Stefan Prost
Naturschutzgenetiker und Wildtierforensiker
forscht derzeit am Naturhistorischen Museum Wien und an der Veterinärmedizinischen Universität Wien

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