CAMPUS VERLAG
Salzburger Nachtstudio
Donna Haraway und ihr radikales Denken der Verwandlung
Unruhig bleiben! Wissenschaftstheorie mit Donna Haraway
25. August 2021, 21:00
Wir brauchen Verwandtschaft mit allem was lebt und was nicht lebt; mit Tieren, Pflanzen, Menschen, Cyborgs, künstlichen Intelligenzen und Maschinen aller Art - sogar mit den Dingen, die uns umgeben.
So denkt die utopische Feministin, Biologin und Wissenschaftstheoretikerin Donna Haraway. "Make kin, not babies" ("Macht euch verwandt, nicht Babys") ist daher der oft wiederholte Slogan ihrer ökologischen Ethik, die darauf abzielt, dass die bislang Ausgegrenzten, wie etwa die indigene Bevölkerung oder auch aussterbende und unbeliebte Tierarten, einen Teil der Erde zurückgewinnen müssen.
Wie sie sich das im Einzelnen vorstellt, zeigt die Autorin in ihrem neuesten Buch, "Staying with the trouble". Darin verknüpft sie Wissenschaft mit Fiktion und kreiert ein Modell, das schlicht SF heißt; S steht für Science, F für fiction, aber auch für fact. Erst wenn sich die Grenzen der wissenschaftlichen Disziplinen öffnen und mit Erzählungen und Fantasien, die wir uns über die Welt machen, verbinden, entsteht das "Tentakuläre", wie Donna Haraway sagt. Das wiederum bedeutet kreative Unruhe und immer wieder Konfliktstoff. Beides ist jedoch produktiv in Szene gesetzt.
Donna Harawy setzt dabei jedenfalls nicht auf die Zukunft, sondern auf das Jetzt: Jetzt die Klimakrise beenden, jetzt die ethischen Probleme von Mensch und Maschine angehen, nicht später. Damit praktiziert Donna Haraway ein radikales Denken der Verwandlung. Die Idee des "Menschen" wirft sie also über Bord. "Human" kommt nicht von "homo" sondern von "Humus", sagt sie, denn eigentlich sind wir nichts weiter als Kompost. Darum müssen wir gut überlegen, wie es nach dem Anthropozän - also dem Zeitalter des Menschen -, weiter gehen kann, und wie ein Leben auf der beschädigten Erde möglich ist; durch neue Verbindungen, beständiges Lernen, Verknüpfen und "Tentakeln". Und dann leben wir eben nicht mehr im Zeitalter des Anthropozäns, sondern im "Chthuluzän", dem Zeitalter fortdauernden Lernens und Erfahrens.
Ein Salzburger Nachtstudio von Katrin Mackowski
Sendereihe
Gestaltung
- Katrin Mackowski