Flucht aus Westafrika

6. Mai 2022, 13:00

Seit Russland die Ukraine angegriffen hat, steigt die Zahl der Flüchtlinge täglich. Eine humanitäre Katastrophe - doch sie zeigt auch, wie unterschiedlich die Menschen in Europa zu Geflüchteten stehen. Je näher die hilfesuchenden Menschen geografisch und kulturell zu Ländern wie Österreich sind, desto eher werden sie hier willkommen geheißen. Die Menschen aus der Ukraine können hier auf Mitgefühl hoffen. Gleichzeitig berichten Antidiskriminierungsstellen, dass Übergriffe auf Asylsuchenden aus anderen Nationen aus Afrika und Asien in den vergangenen Wochen zugenommen haben.

Jedes Jahr ertrinken Menschen auf der Flucht im Mittelmeer. Sie kommen aus Syrien, aus Afghanistan oder Westafrika. Seit 2015 wurden laut Vereinten Nationen fast 23.000 Leichen aus dem Mittelmeer geborgen. Die europäische Migrationspolitik setzt auf Abschottung und auf "Ursachenbekämpfung" an Ort und Stelle. Doch, das kritisiert der Soziologe Olaf Bernau, die zugrundeliegenden historischen und politischen Strukturen blieben unbeachtet.

Die Klimakrise trifft Länder wie Mali, Ghana oder Nigeria schon jetzt stärker als andere Weltregionen: Es kommt vermehrt zu Dürren, Niederschläge kommen unregelmäßig. Die Folgen sind Ertragseinbußen in der Landwirtschaft und Hungerkrisen. Die Landflucht führt zu rasant wachsenden Megacitys, in denen die ökonomischen Perspektiven schlecht sind. Während die reichen Nationen des globalen Nordens zu den Hauptverursachern der Klimakrise zählen, sind es die armen Länder des globalen Südens, die sie am härtesten trifft.

Aber auch im ökonomischen und politischen Bereich wirkten die Folgen kolonialistischer Ausbeutung bis heute, schreibt Bernau in seinem Buch "Brennpunkt Westafrika". Noch immer seien die internationalen Beziehungen vom asymmetrischen Verhältnis zwischen Europa und Afrika geprägt. Die Folge ist eine lebensbedrohliche Perspektivenlosigkeit, die viele Menschen dazu zwingt, ihre Heimat zu verlassen.

Kann die europäische Migrations- und Abschottungspolitik also funktionieren? Welche Maßnahmen bräuchte es, um die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern tatsächlich zu verbessern? Wie kann das ungerechte globale System gerechter werden?

Über diese Fragen spricht Marlene Nowotny mit Olaf Bernau in dieser Ausgabe von Punkt eins.

Reden Sie mit unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie uns an punkteins(at)orf.at

Service

Buch:
Olaf Bernau: Brennpunkt Westafrika. Die Fluchtursachen und was Europa tun sollte. Verlag C.H. Beck

Sendereihe

• Punkt eins

Gestaltung

• Marlene Nowotny