Johanna Schwanberg

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Gedanken für den Tag

Johanna Schwanberg über Georges Braque

Zerlegte Wirklichkeit - Zum 140. Geburtstag von Georges Braque.
Von Johanna Schwanberg, Kunstwissenschafterin und Direktorin des Dom Museum Wien

Georges Braque lebte im Frankreich der Avantgardeszene - im Umfeld der Künstler Picasso, Matisse und des Galeristen Kahnweiler. Im Vergleich zu vielen seiner Künstlerkollegen erzählt sich Braques Lebenslauf sympathisch unspektakulär. Keine großen Skandale, keine wechselnden Modelle, keine Gefängnisaufenthalte. Stattdessen die Beziehung zu Marcelle Lapré, mit der er bis zum Tod kinderlos verheiratet war.

Der Hobbyboxer, der stets durch elegante Kleidung auffiel, hinterließ Notizen zu seinem Kunstbegriff, nicht zu seinem Leben. Auch Selbstporträt gibt es keines. Dramatisch waren vor allem der Fronteinsatz im 1. Weltkrieg und die schwere Kopfverwundung im Jahr 1915 mit langer Genesungszeit.

Als Mutter zweier Jugendlicher, die noch auf der Suche nach ihrer beruflichen Bestimmung sind, interessiert mich, wie Menschen zu etwas finden, das sie ein Leben lang fesselt - so wie mich die Kunst. Welche Rolle spielt dabei das familiäre Umfeld, von dem Kinder profitieren oder gegen das sie sich bewusst auflehnen? Wäre ich etwa heute auch Kunstwissenschaftlerin, wäre mein Vater nicht Bildhauer?

Georges Braque, der am 13. Mai vor 140 Jahren geboren wurde, war bereits in der Jugend von Farben und Pinseln umgeben. Seine Familie führte einen Betrieb für Dekorationsmalerei, sein Vater malte in der Freizeit impressionistische Landschaften. Als Schulabbrecher absolvierte der junge Braque eine Lehre als Dekorationsmaler, zunächst im elterlichen Betrieb, später bei einem befreundeten Malermeister. Bald wandte sich Braque den freien Künsten zu. Aber seine Kunst wäre undenkbar ohne das, was er als Dekorationsmaler an Techniken gelernt hatte, etwa die Imitation von Holzmaserungen.

Braque hat alles, was er erlebt hat, ob negativ oder positiv, konstruktiv in seine persönliche wie künstlerische Entwicklung einbezogen. Das gefällt mir. Genauso wie sein Wissen um die Begrenztheit der eigenen Möglichkeiten. So meinte er: "Ich tue nicht, wie ich will, sondern wie ich kann.

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Francis Poulenc 1899 - 1963
Album: FRANCIS POULENC - KAMMERMUSIK FÜR BLASINSTRUMENTE
* Cantilena - 2.Satz (00:04:10)
Titel: Sonate für Flöte und Klavier
Solist/Solistin: Charles Wadsworth
Solist/Solistin: Paula Robinson
Länge: 04:10 min
Label: Erato ECD 88044

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