ORF/BARBARA ZEITHAMMER
Vom Leben der Natur
Verkannte Echse - die Blindschleiche
Schneckenfresserin im Verborgenen.
Die Zoologin Silke Schweiger über die Blindschleiche - eine beinlose Echse mit schlangenähnlicher Gestalt.
Teil 4: Als Kulturfolgerin unter Druck
Gestaltung: Barbara Zeithammer
21. Juli 2022, 08:55
Sie ist weder blind noch eine Schlange, auch wenn ihr Name und ihr Aussehen darauf schließen lassen mögen: der langgestreckte, silbrig-grau bis braun glänzende Körper ohne Beine mit bis zu 45, 50 Zentimeter Länge, die schlängelnde Fortbewegung, die Vorliebe für Wärmebäder auf Wegen und Straßen. Der deutsche Name rührt vermutlich aus dem Althochdeutschen für bleich, blendend. An der Wirbelsäule der Blindschleiche lassen sich Reste von Becken- und Schulterknochen feststellen.
Hat man das Glück einer Begegnung mit Anguis fragilis (zerbrechliche Schlange), wie der ebenfalls missverständliche wissenschaftliche Gattungsname der Westlichen Blindschleiche lautet, können auch Fachunkundige eine Blindschleiche rasch als Echse identifizieren: Sie kann blinzeln. Ihre Augenlider sind beweglich - im Gegensatz zu jenen der Schlangen. "Zerbrechlich" wie der lateinische Name andeutet, ist der Schwanz der Echse, den sie abwerfen kann - ihre einzige Verteidigungsstrategie, sie beißt nicht einmal. Ein kugeliger kurzer Stumpf wächst nach.
Die harmlose Echse, die bevorzugt Regenwürmer und Nacktschnecken jagt, ist eine Kulturfolgerin und besiedelt eine Vielzahl von Lebensräumen - Wälder bis auf über 2.000 Meter Seehöhe, Gärten, Wiesen, Komposthäufen und Holzlagerstätten, nur in Regionen, wo die Bodenfeuchte zu gering ist, ist sie selten anzutreffen. Obwohl die Blindschleiche vermutlich die häufigste Reptilienart Mitteleuropas ist, ist sie wenig erforscht: Sie lebt im Verborgenen, zum Schutz vor den zahlreichen Feinden. Vor allem der Mensch macht den silberglänzenden Echsen das Leben schwer durch "aufgeräumte" Wälder und Gärten, Aufforstungen von Lichtungen, Pestizide und Mahd.
Die Herpetologin Dr. Silke Schweiger, Reptilienexpertin vom Naturhistorischen Museum Wien, macht sich am Rande des Wienerwalds auf die Suche nach einem Exemplar und berichtet über neue Erkenntnisse aus der Forschung über die Lebensweise der Tiere, die Entdeckung mehrerer Arten und wie man Strukturreichtum im naturnahen Garten fördern kann.
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GESPRÄCHSPARTNERIN:
Dr.in Silke Schweiger
Naturhistorisches Museum Wien
Kuratorin der Herpetologischen Sammlung