Mieczyslaw Weinberg: "Der Idiot"

13. Mai 2023, 19:30

Die Lebensgeschichte des Komponisten Mieczyslaw Weinberg liest sich fast wie das Drehbuch zu einem Hollywood-Film: 1919 in eine jüdische Familie in Warschau geboren, muss der junge Komponist nach dem Einfall von Hitlers Truppen in Polen fliehen - er wird den Nazischergen als einziges Mitglied seiner Familie entkommen. Auf der Flucht verschlägt es ihn zunächst nach Minsk, wo er Komposition studiert, später nach Taschkent, wo er weitere Gehversuche als Komponist unternimmt. Das Manuskript seiner ersten Symphonie fällt schließlich Dmitri Schostakowitsch in die Hände, der den jungen Komponisten mit seiner Familie nach Moskau einlädt.

Es entspinnt sich eine lebenslange Freundschaft zwischen den beiden Komponisten, die sich auch musikalisch gegenseitig inspirieren - Schostakowitsch steckt Weinberg mit seiner Begeisterung für die Musik von Gustav Mahler an, Weinberg führt Schostakowitsch in die Welt der jüdischen Musik ein. Schostakowitsch bemüht sich ebenso um die Aufführung der Werke seines um 13 Jahre jüngeren Freunds, wie er ihn vor der Bespitzelung und Verfolgung durch den stalinistischen Staatsapparat zu schützen versucht.

Beides gelingt ihm allerdings nur bedingt: Nach der Ermordung seines Schwiegervaters wird Weinberg für vier Monate inhaftiert. Von den anderen russischen Komponisten erfährt er außerdem bei Weitem nicht die gleiche Wertschätzung wie durch Schostakowitsch, und nach dem Zerfall der Sowjetunion gerät sein umfangreiches Schaffen von mehr als 150 Werken in Vergessenheit.

Erst mit der Neuaufführung der Oper "Die Passagierin" bei den Bregenzer Festspielen im Jahr 2010 rückt der Komponist langsam wieder in den Fokus der Musikwelt. Der Dirigent Thomas Sanderling entdeckt den Klavierauszug zu "Der Idiot" und schafft es mit seiner Begeisterung für den Stoff, den Direktor des Nationaltheaters Mannheim von der Uraufführung zu überzeugen, die im Jahr 2013 erfolgt.

Weinberg mischt in seinen Kompositionen traditionelle und zeitgenössische Techniken und lässt sowohl freie Tonalität als auch jüdische Stilelemente einfließen. Seine Musik erschließt sich dem Publikum ganz direkt, biedert sich aber niemals an. "Der Idiot" zeichnet sich durch eine besonders eindringliche und kraftvolle Tonsprache aus, die Dostojewskis Romanvorlage eindrucksvoll Rechnung trägt. 16 Leitmotive strukturieren die Komposition, die Instrumentierung zeugt von großer Meisterschaft.

Am Dirigentenpult steht nicht nur ein erfahrener und international renommierter musikalischer Leiter, sondern auch einer, der sich lang mit Weinbergs Musik beschäftigt und dieser Oper zur Uraufführung verholfen hat: Thomas Sanderling.

Text: Anna Jagenbrein

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Sendereihe

• Opernabend

Gestaltung

• Chris Tina Tengel