ORF/JOSEPH SCHIMMER
Sound Art: Zeit-Ton
Was ist ein Konzert für Orchester?
Zeitgenössische Musik verstehen. Dietmar Hellmich erhellt zentrale und dezentrale Werke der Musikgeschichte
3. Februar 2025, 23:03
Dietmar Hellmich, Komponist und Musikwissenschaftler aus Wien, beleuchtet für "Soundart: Zeit-Ton" im Kamingespräch mit Rainer Elstner zentrale und dezentrale Werke der Musikgeschichte.
Mit "Konzert" verbinden wir wohl oft die Vorstellung von glänzenden Solisten vor gezähmten Orchestern. Der Begriff kommt von "concertare" und kann lateinisch den Wettstreit oder italienisch das Miteinander in den Vordergrund stellen. Wie schon in der Frühzeit des Konzerts im Barock müssen dabei nicht Solisten und Orchester als getrennte Einheiten einander gegenüberstehen.
Das "Konzert für Orchester" konnte als Fortsetzung der immer anspruchsvolleren Instrumentalpartien in den symphonischen Klangkörpern der ausgehenden Romantik im Laufe des 20. Jahrhunderts zu einer erfolgreichen Gattung avancieren. In der heutigen Wahrnehmung wird diese Spielart des Konzerts allerdings vom Schatten seines größten Stars - dem Konzert für Orchester von Béla Bartók - verdunkelt, zudem haben in den letzten Jahrzehnten viele Komponisten betont, ihre Werke für Solisten und Orchester seien keine Konzerte, als wäre das Konzert an sich eine überlebte Angelegenheit.
Die Geschichte des Orchesterkonzerts führt vom frühen "Klassiker der Moderne" Paul Hindemith jedoch in den 60er-Jahren in spröde Gefilde unter dem Einfluss der Nachkriegsavantgarde etwa bei Goffredo Petrassi. Michael Tippett entdeckt in dieser Gattung sein Faible für das Diskontinuierliche im dekonstruierten Orchester, Roberto Gerhard arbeitet athematisch und konzentriert sich auf Textur und Klangfarbe, Eliott Carter bläst mit seinem orchestralen "Vent" das Alte aus den amerikanischen Ebenen fort. Auch im 21. Jahrhundert lebt das Konzert für Orchester bei komponierenden Virtuosen wie Magnus Lindberg und Pascal Dusapin.
Sendereihe
Gestaltung
- Dietmar Hellmich