
SWR/RALF BRUNNER
Sound Art: Zeit-Ton
Höhepunkte von den Donaueschinger Musiktagen (2)
Eine Festivalausgabe zum Verhältnis von Individuum und Gruppe
25. Februar 2025, 23:03
Stefan Knüpfer stimmt Klaviere nicht nur, "er lässt sie klingen", schreibt die Wochenzeitung "Die Zeit" über den wohl bekanntesten Klavierstimmer der Gegenwart - nicht zuletzt seit dem vielfach preisgekrönten Film "Pianomania", der Knüpfers Arbeit eindrücklich dokumentiert. In dieser Sendung beleuchten wir die Uraufführung des einstündigen Klavierstücks "...selig ist..." von Mark Andre bei den Donaueschinger Musiktagen aus der Sicht des Klavierklangs und des Klavierstimmers. Im Interview spricht Knüpfer über die Herausforderung, das Klavier frei klingen zu lassen, obwohl technische Bauteile auf dem Resonanzboden angebracht worden sind, die für die Elektronik-Klänge in dieser Aufführung verantwortlich sind.
Ein spätes Donaueschingen-Debüt gibt es in voller Länge zu hören: Die Komponistin Carola Bauckholt schuf ein Stück für Kontrabass-Solo und einen außergewöhnlichen Konzert-Ort: den Wald des Schlossparks von Donaueschingen unweit der Donauquelle.
Die Donaueschinger Musiktage sind die Urmutter aller Festivals für experimentelle Musikformen, quasi die Frankfurter Buchmesse der zeitgenössischen Musik. 1921 als "Donaueschinger Kammermusikaufführungen zur Förderung zeitgenössischer Tonkunst" gegründet, sind sie ein Branchentreffen und ein Ort, an dem man hören kann, was zeitgenössisches Komponieren bedeutet. Das Motto der Ausgabe 2024 lautete "alone together". Wir bringen in zwei "Zeit-Ton"-Sendungen Höhepunkte dieser Festivalausgabe.
"Das Verhältnis von Einzelnen und Gruppe ist eines, das unser Leben ganz entscheidend prägt - kulturell, ökonomisch, politisch, sozial", begründet Festival-Leiterin Lydia Rilling ihre Themenwahl. "Und dieses Verhältnis ist in politisch turbulenten Zeiten, wie wir sie gerade erleben, noch mal besonders umkämpft."
Seit 1949 trägt der Südwestfunk die künstlerische Verantwortung für das Festival am Ursprungsort der Donau. Im März 2022 übernahm mit Lydia Rilling erstmals eine Frau die künstlerische Leitung. Wie steht es um diese traditionsreiche Veranstaltung? "Die Donaueschinger Musiktage werden von einem Verein von der Gesellschaft der Musikfreunde Donaueschingen in Zusammenarbeit mit der Stadt Donaueschingen und mit dem SWR veranstaltet und entscheidend gefördert vom Land Baden-Württemberg und von der Kulturstiftung des Bundes, also der größten Stiftung Deutschlands", so Rilling im Gespräch mit Ö1. "Wir sind in der sehr guten Situation, dass alle Beteiligten ihr Engagement für das Festival, ihr Commitment zum Festival, aktuell nicht infrage stellen, sondern zum Teil sogar noch kürzlich für die nächsten Jahre erneuert haben."
Heuer gab es neue Werke von u.a. Enno Poppe, Carola Bauckholt, Chaya Czernowin und Sara Glojnaric zu hören - letzte wurde für "Ding, Dong, Darling!" mit dem Orchesterpreis des SWR Symphonieorchesters ausgezeichnet. Stimmberechtigt ist für diesen Preise nur das Orchester selbst.
Österreichische Komponierende waren in Donaueschingen heuer nicht vertreten. Der ORF sprang in die Bresche: Der renommierte Karl-Sczuka-Preis für Radiokunst wurde 2024 gleich zwei Mal an Ö1 "Kunstradio"-Produktionen vergeben. Eine international besetzte Jury verlieh den mit 12.500 Euro dotierten Hauptpreis an "Revenant" der kanadischen Radiokünstlerin Anna Friz. Der Förderpreis ging an das gemeinsam mit dem schottischen Radiokunstfestival Radiophrenia produzierte Hörstück "Ecce, sigh! Siren calls. still, I feel the same." von Antonia Alessia Virginia Beeskow.
Service
SWR - Donaueschinger Musiktage
SWR - Karl-Sczuka-Preis
Sendereihe
Gestaltung
- Rainer Elstner
Playlist
Komponist/Komponistin: Mark Andre
Titel: .selig ist. für Klavier und Elektronik
Ausführende: Pierre-Laurent Aimard, Klavier
Ausführende: SWR Experimental Studio
Ausführende: Michael Acker Klangregie und Musikinformatik
Ausführende: Markus Radke Klangregie
Länge: 28:36 min
Label: EBU
Komponist/Komponistin: Carola Bauckholt
Titel: My Light Lives in the Dark
Ausführende: Florentin Ginot, Kontrabass
Ausführende: Thomas Wegner, Klangregie
Länge: 17:46 min
Label: EBU