Werner Kieser

KIESER

Menschenbilder

Werner Kieser, Vorkämpfer des Krafttrainings

Der Mann, der Muskeln machte. Der Unternehmer und Autor Werner Kieser (1940-2021)

Werner Kieser hätte auch Anarchist werden können, schließlich hat er sich als 18-Jähriger mit den Überlegungen von Max Stirner ("Der Einzige und sein Eigentum") auseinandergesetzt und sympathisiert mit diesem auch heute noch. Aber der Schweizer, geboren am 18. Oktober 1940 in Bergdietikon im Kanton Aargau, nahm einen anderen Weg: Sein Name ist heute untrennbar mit Muskel- und Krafttraining verbunden.

Vor fast sechzig Jahren eröffnete Kieser sein erstes Studio in Zürich und hat danach viel dazu beigetragen, das Prinzip Krafttraining bekannt zu machen, aber auch dessen gesundheitliche Bedeutung bewusst zu machen, als Ergänzung zu Sport und zur Vorbeugung und Bewältigung gesundheitlicher Probleme wie insbesondere Rückenschmerzen. Muskeltraining, so war Kieser überzeugt, ist genauso wichtig wie das tägliche Zähneputzen und sollte ebenso betrieben werden.

Kiesers Ansatz stand allerdings quer zu einem gängigen "Je mehr, desto besser". Stundenlanges Auspowern ist nicht nötig, so das Ergebnis seiner Forschungen und seiner eigenen Erfahrung. Effizienter sei kurzes, aber intensives, systematisches Training definierter Muskeln. Diese Überzeugung teilte er mit dem Erfinder von Krafttrainingsmaschinen mit variablem Widerstand, Arthur Jones.

Nach einer Tischlerlehre hatte Kieser als Boxer mit 17 Jahren eine Rippenfellquetschung erlitten. Ein Boxerkollege riet ihm zum Krafttraining, dieses befreite ihn von seinen Schmerzen und erfüllte ihn mit einer Mission: Werner Kieser entdeckte das Muskeltraining und eröffnete 1966/67 in Zürich sein erstes Kraftstudio - bestückt mit Geräten, die er aus Eisen von Schrottplätzen zusammengebaut hatte.

Kiesers Trainingsstudios sind auf das Wesentlichste reduziert: keine Musik, kein Wellnessbereich, nur die Geräte, an denen man unter Anleitung seine Übungen zu absolvieren hat. Seine jahrzehntelangen Erfahrungen hat Kieser auch in Büchern zusammengefasst, wie "Ein starker Körper kennt keinen Schmerz" oder auch "Die Seele der Muskeln - Krafttraining jenseits von Sport und Show".

Werner Kieser beschäftigte sich auch mit philosophischen Fragestellungen und absolvierte in späten Jahren ein Masterstudium in Philosophie an der britischen Open University. Zur Zeit des Interviews für dieses "Menschenbild" setzte er sich mit Luhmanns Systemtheorie auseinander. Kiesers Lebensmotto lässt sich jedenfalls auf Geist und Muskeln beziehen: "Der Mensch wächst am Widerstand".

Im Oktober dieses Jahres würde Werner Kieser 85 Jahre alt. Am 19. Mai 2021 starb der Unternehmer und Vorkämpfer des Krafttrainings im 81. Lebensjahr an Herzversagen.

Im Rahmen der Ö1 Sportwoche wiederholen die "Menschenbilder" ein Porträt aus dem Jahr 2007. Die für heute geplante Sendung mit Crossfitterin Doris Kneidinger-Anderl und Podcast-Pionier Andreas Sator wird im Juni nachgeholt.

Diese Sendung wird in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch um 00:05 wiederholt.

Gestaltung: Petra Herczeg und Rainer Rosenberg

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