Einen Anfang nehmen

24. April 2025, 06:57

Es kann viel Zeit vergehen, bis ein Mauersegler sich zum ersten Mal ans Fliegen wagt. Stunden, in denen er immer wieder den Kopf aus dem Nistplatz steckt, bis er sich traut, Boden gegen Luft zu tauschen. Denn dieses erste Fliegen ist kein Ausprobieren. Sobald der Mauersegler fliegt, fliegt er.

Gut möglich, dass er in den nächsten zwei bis vier Jahren überhaupt nicht landen wird. Wenn ein Mauersegler das Nest verlassen hat, ist er nahezu ohne Unterbrechung unterwegs. Landen ist - abgesehen von extremen Schlechtwetterereignissen - nicht notwendig. Bis die ersten Kinder kommen. Dann zwängt er sich in Mauerspalten, in Nischen unter Dachvorsprüngen und brütet, kommt Jahr für Jahr genau an diesen Platz zurück.

Im März ist der Himmel im Kongobecken voll von Mauerseglern, ein Treffpunkt unterschiedlichster Populationen. Da sind die Vögel, die nach Wien weiterziehen, genauso wie jene, die nach Athen wollen, nach London oder Lissabon. Nach und nach machen sie sich auf, um in den kommenden Wochen tausende Kilometer zu fliegen, einzig und allein aus einem Grund: Kinder in die Welt zu setzen, wo ihre Welt einen Anfang genommen hat.

Alle brechen sie auf: die unreifen Einjährigen, die Zwei-, Drei- und Vierjährigen, die diesen Sommer vielleicht zum ersten Mal brüten werden, die Älteren, die irgendwo unterwegs wieder auf ihre Partnerin oder ihren Partner treffen, die oder den sie vorigen Sommer am Weg nach Afrika aus den Augen verloren haben. Spätestens in Wien sind sie wieder vereint. Mauersegler halten nicht nur an ihren Brutplätzen, sie halten auch an ihren Beziehungen fest. Vielleicht sind sie schon gemeinsam unterwegs hierher, wo ich in mein Stück Himmel schaue, warte.

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