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Punkt eins
Kinder mit begrenzter Lebenszeit begleiten
20 Jahre Kinderhospiz Netz: ein Auftrag und ein Versprechen. Gäste: Sabine Reisinger, Gründerin und Obfrau des Vereins Kinderhospiz Netz, betroffene Mutter & Petra Pfitzner, betroffene Mutter. Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
25. September 2025, 13:00
Lisa wäre heuer 28 Jahre alt. Doch seit dem 16. April 1997 gibt es für Sabine Reisinger nur noch "ein Vorher und ein Seither". Lisa, ihr zweites Kind, stirbt an diesem Tag, 66 Tage nach der Geburt, ohne nach Hause kommen zu können auf der Intensivstation eines Krankenhauses. "Lisa hat uns vieles gelehrt, wir müssen nur lernen zu verstehen", ließen die Eltern auf die Parte drucken. Aus dem Gefühl, etwas tun zu müssen, entstand 2005 Wiens erstes mobiles Kinderhospiz: das heutige Kinderhospiz Netz, das rein spendenfinanziert jährlich über 50 Familien mit lebensverkürzend erkrankten Kindern begleitet, und zwar so lange wie die Familie Unterstützung benötigt, und österreichweit auf die Notwendigkeit der Kinderhospizarbeit aufmerksam machen möchte.
Was brauchen die etwa 5.000 Kinder und Jugendlichen in Österreich mit einer lebensverkürzenden Erkrankung und ihre Familien, um Familien bleiben zu können? Welche Unterstützung gibt es in Österreich? Wie sehr belastet das Tabu, über Krankheit und Tod von Kindern zu sprechen, die Betroffenen? Und was erleichtert im Alltag, im Wissen um eine begrenzte gemeinsame Zeit und bei der Entscheidung großer, ethischer Fragen?
Am Abend des 25. September findet im Rathaus in Wien eine große Festveranstaltung zum 20. Jubiläum des Vereins Kinderhospiz Netz statt und aus diesem feierlichen Anlass ist Sabine Reisinger gemeinsam mit Petra Pfitzner, deren ältestes Kind an einer seltenen Chromosomenanomalie leidet, zu Gast in Punkt eins und spricht über Familien, "die mit dem Unfassbaren leben müssen - der Diagnose, dass ihr Kind nicht alt wird", wie Bundespräsident Alexander van der Bellen es in der Jubiläumsbroschüre formuliert. "Was dann beginnt, ist mehr, viel mehr als medizinische Betreuung. Wir fangen auf - das ist mehr als ein Satz. Es ist ein Auftrag und ein Versprechen".
In Österreich sterben jährlich rund 400 Kinder an unheilbaren Erkrankungen. Nur ein geringer Prozentsatz von ihnen stirbt an Krebs, die meisten leiden an sehr seltenen Erkrankungen oder den Folgen eines Sauerstoffmangels bei der Geburt. Das Kinderhospiz Netz, das Sabine Reisinger 2005 mit der Palliativmedizinerin Dr. Brigitte Humer-Tischler gegründet hat, hat in der Unterstützung der betroffenen Familien Pionierarbeit geleistet und bietet heute ein breites Angebot mit 29 hauptamtlichen und etwa 60 geschulten, ehrenamtlichen Mitarbeitenden, das für betroffene Familien kostenfrei ist und dass sie so oft annehmen können, wie sie möchten. "Wir konnten gar nicht glauben, wie schnell da Hilfe angeboten wird", erinnert sich Petra Pfitzner, die 2024 auf den Verein aufmerksam wurde, auf der Suche nach Unterstützung für den Bruder ihres erkrankten ältesten Sohnes. 2016 wurde ein Tageshospiz eröffnet, das erste Kindertageshospiz in Wien, das Angebot des Vereins umfasst auch ein Wochenendhospiz, auf Wunsch werden die Eltern jederzeit mit Infos und Fotos versorgt. Das Team besteht aus Pfleger:innen und Ärzt:innen ebenso wie Sozialarbeitenden, es gibt Physiotherapie, Psychotherapie und Musiktherapie, Geschwistertreffs, Trauergruppen, Elterncafés. Kurzum: "Unser Ziel ist es, das Leben der Kinder so angenehm wie möglich zu gestalten."
Wir begleiten das Leben, sagt Sabine Reisinger, auf Wunsch bis weit über den Tod hinaus. Der Fortschritt der modernen Medizin und Technik ermöglicht den Kindern ein längeres Leben - und stellt Eltern und Ärzt:innen mitunter auch vor große Entscheidungen. Die gemeinsame Zeit ist begrenzt, was hilft den Familien, sie möglichst gut erleben zu können? Und was hilft in der Trauer nach dem Tod eines Kindes? "Es gibt nichts zu sagen. Es tut mir sehr leid für euch, ist noch ertragbar", sagt Sabine Reisinger.
Welche Erfahrungen haben Sie, die Sie mit Sabine Reisinger und Petra Pfitzner teilen möchten? Möchten Sie als Eltern, Ärztin oder Geschwisterkind erzählen, was Sie erlebt haben? Haben Sie Fragen? Sie erreichen uns kostenfrei aus ganz Österreich live während der Sendung unter 0800 22 69 79 oder Sie schreiben uns an punkteins(at)orf.at
Service
Links:
Kinderhospiz Netz
Dachverband Hospiz Österreich: Hospiz- und Palliativbetreuung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Österreich
Sendereihe
Gestaltung
- Barbara Zeithammer