Du holde Kunst

Louise Labé - Dichterin, Humanistin, Feministin

"Ich grüne und verdorr an einem Tag" - Silvia Meisterle liest Sonette der französischen Renaissance-Dichterin Louise Labé. Übersetzt von Monika Fahrenbach-Wachendorff und Rainer Maria Rilke.

Humanistin, Feministin und Begründerin des weiblichen Petrarkismus in Frankreich: die schöne und gebildete Seilertochter Louise Labé (um 1524-1566) fand schon zu Lebzeiten viel Bewunderung unter den vorwiegend männlichen Intellektuellen ihrer Zeit, als wesentliche Vertreterin der "Lyoneser Schule" beeinflusste sie aber auch nachfolgende Generationen von französischen Dichtern; ihre Sonette, in denen sie die Geschlechterrollen des petrarkischen Liebesgedichts neu definiert, gehören zum Kanon der französischen Literaturgeschichte.

Louise Labé ist auf der Höhe ihrer Zeit, sie verwendet die gerade vom Venezianer Aldus Manutius erfundene Kursivschrift, lässt im Streitgedicht "Débat de Folie et d´Amour" das neuplatonische Liebeskonzept gegen die Ideen von Erasmus´ ("Lob der Torheit") antreten, greift die gerade in Frankreich eingeführte Gattung der Elegie auf und führt einen Salon, in dem sich die Künstler des wirtschaftlich und geistig blühenden Lyons treffen. Und sie fordert im, ihrer Dichtung vorangestellten, Widmungsbrief ihre Geschlechtsgenossinnen auf, "ihren Geist ein wenig über ihre Spinnrocken und Klöppel zu erheben."

Denn: "Da die Zeit gekommen ist, wo die strengen Gesetze der Männer die Frauen nicht länger daran hindern, sich der Gelehrsamkeit und den Künsten zu widmen, scheint es mir, dass diejenigen, die in solch günstigen Umständen leben, diese schickliche Freiheit, welche sich unser Geschlecht früher so sehr wünschte, zum Studium nutzen und den Männern das Unrecht vor Augen führen sollten, das sie uns zufügten, indem sie uns die Befriedigung und die Ehre vorenthielten, welche uns hieraus erwachsen konnten; und wenn eine es so weit bringt, dass sie ihre Gedanken schriftlich niederlegen kann, möge sie dies mit Sorgfalt tun und nicht den Ruhm verachten, sondern sich lieber damit als mit Ketten, Ringen und aufwendigen Kleidern schmücken" (erschienen im Jahr 1555).

Service

Louise Labé, Torheit und Liebe, zweisprachig, aus dem Französischen von Monika Fahrenbach-Wachendorf, Secession Verlag, Zürich, 2019.
Rainer Maria Rilke, Übertragungen, Insel Verlag 1927 - rechtefrei

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