"Keine russische Intervention" in Fall Golowatow

Spindelegger: "Abrüsten mit scharfen Worten"

Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) sieht im Ö1-Sommergespräch einen Zusammenhang zwischen Gewalt wie jüngst in Norwegen und Hetzreden der FPÖ. Parteiintern beschwört der erst kürzlich gekürte neue Obmann sein gutes Verhältnis zum Klubobmann. Im Fall Golowatow kann er keine Fehler der österreichischen Behörden erkennen.

Mittagsjournal, 25.7.2011

Stefan Kappacher

"Stimmungsmache Boden für Gewalt"

Spindelegger zeigt sich angesichts des Massakers in Norwegen vom Freitag erschüttert über die Auswüchse von Gewalt. Man müsse wachsam sein und vorbeugen, damit so etwas verhindert werden könne.

"Dazu zählt auch, dass man abrüstet mit scharfen Worten, dass man diese Übertreibung, diese Hetze gegen andere vorantreibt. Man kann die FPÖ nicht mit dem Täter in Verbindung bringen. Stimmungsmache trägt dazu bei, den Boden aufzubereiten für Gewalttaten", sagte der Vizekanzler.

Rittern um den ersten Platz

Ob er die FPÖ dennoch als möglichen Koalitionspartner sehe, wollte Spindelegger nicht beantworten. Er verweist auf die Wahl in zweieinhalb Jahren. Die ÖVP habe sich in Umfragen der letzten Zeit wieder stabilisiert, sie rittere nun um den ersten Platz mit SPÖ und FPÖ, so Spindelegger.

"Kopf ein wesentlicher Spieler"

Über seine ersten hundert Tage als ÖVP-Obmann meint der Vizekanzler, er habe ein neues Regierungsteam aufgestellt, das sehr gut arbeite. Außerdem habe er 95 Prozent Zustimmung der Delegierten erhalten. Bei Familienpolitik und Sicherheit wolle man wieder Nummer eins werden.

Die ÖVP sei nun einmal eine breit aufgestellte Partei mit unterschiedlichen Meinungen, relativiert Spindelegger Spannungen in der ÖVP. Die Partei steht hinter ihm, Scharmützel gebe es in allen Parteien. Zu Klubchef Karlheinz Kopf habe er ein "besonders" gutes Verhältnis. Zu Ablösegerüchten rund um Kopf sagt Spindelegger, es gebe keinen Anlass für solche Gerüchte: "Kopf ist ein wesentlicher Spieler in unserem Team."

Fall Golowatow: "Keine Intervention"

Zum Fall des von Litauen gesuchten, mutmaßlichen russischen Kriegsverbrechers Michail Golowatow, der jüngst aufgrund eines Europäischen Haftbefehls in Wien festgenommen und einen Tag später wieder freigelassen wurde, sagt Spindelegger: "Ich habe mit meinen litauischen und lettischen Kollegen eingehend darüber geredet und habe auch zum Ausdruck gebracht, dass wir sehr wohl die Sensibilität haben dafür, dass vor zwanzig Jahren dort etwas passiert ist, was tief eingebrannt ist. Aber klar ist, man kann Fälle, wo es um Freiheitsentzug geht, nur mit rechtsstaatlichen Instrumenten lösen."

Eine politische Intervention seitens Russlands habe es in der Sache nicht gegeben.

Nichts zu bedauern

Der russische Botschafter habe nur seinen Staatsbürger begleitet. Dem neuen Ruf Österreichs als russischer Lakaienstaat will Spindelegger mit Gesprächen begegnen. Man habe mit litauischen Kollegen eine Arbeitsgruppe zwischen den Justizressorts vereinbart, um die Tiefe des Falles zu beurteilen.

"Was ich aber strikt zurückweise ist, dass wir in irgendeiner Weise von Russland abhängig sind, dass wir einfach tun, was die Russen wollen. Wir hätten genauso, wenn die Entscheidung getroffen worden wäre, ihn in Auslieferungshaft zu nehmen, mit den russischen Behörden unsere Auseinandersetzungen gehabt", sagt der Außenminister. Spindelegger sieht in der Golowatow-Entscheidung keinen Fehler, es gebe folglich nichts zu bedauern.