ORF-Stiftungsrat: Spannung um Vorsitzwahl

Der neue ORF-Stiftungsrat, das Aufsichtsgremium des ORF, tritt heute erstmals zusammen. Dabei wird es auch zur Wahl eines neuen Vorsitzenden kommen, was im Vorfeld schon einigen Staub aufgewirbelt hat. Denn in der Vorsitzfrage will offenbar die SPÖ ihre Vorstellungen durchsetzen - um jeden Preis. Was nicht nur in den Reihen der ÖVP schlecht ankommt.

Morgenjournal, 7.5.2014

Grafik: Alexandra Siebenhofer

SPÖ wechselt Spitze aus

Der ORF ist mit 3100 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von 960 Millionen Euro das mit Abstand größte Medienunternehmen des Landes. Der Stiftungsrat ist das Aufsichtsgremium und entscheidet über Budget und Programmschema - und er bestellt die Geschäftsführung, das nächste Mal regulär 2016. Und das macht den Stiftungsrat für die Politik interessant.

Bei der Auswahl der Stiftungsratmitglieder hat die Regierung und ganz besonders die Kanzler-Partei das Sagen - und die SPÖ nützt das im Moment weidlich aus. Mit einer Mehrheit von 14 Stiftungsräten zu 13 von der ÖVP stellt die SPÖ wieder den Anspruch auf den Vorsitz - und hat nicht die bisherige Vorsitzende, die SPÖ-nahe Brigitte Kulovits-Rupp, vorgesehen, sondern den deklarierten Parteimann und Casinos-Austria-Manager Dietmar Hoscher. Das sei, so formulierte es Kulovits-Rupp gegenüber der Austria Presseagentur, eine "nicht diskutierbare Vorgabe" gewesen. Nämlich der Partei, und das ist in dem Fall das Kanzleramt. Kulovits-Rupp hält das für untragbar und will nicht mehr dem sogenannten SPÖ-Freundeskreis zugerechnet werden, wie sie betont.

ÖVP fühlt sich übergangen

Das Vorgehen der SPÖ kann als Versuch gesehen werden, die Zügel im ORF wieder in die Hand zu bekommen. Nach der Affäre um Nikolaus Pelinka sind ihr die nämlich entglitten - der damalige SPÖ-Freundeskreisleiter sollte ja ins Büro des Generaldirektors wechseln und ist nach heftigen Protesten aus dem Unternehmen ausgeschieden. Die Vorgangsweise der SPÖ wird auch auf ÖVP-Seite kritisch gesehen, man fühlt sich mit der Festlegung auf Hoscher übergangen. Der ÖVP-Freundeskreis hat gestern Abend die Marschroute für die heutige Sitzung abgesteckt. Der Tenor dabei: Der Vorsitz müsse mit breiter Mehrheit entschieden werden, eine Kampfabstimmung schade dem Unternehmen. Und warum eigentlich nicht die bisherige Vorsitzende verlängern? Sie habe ihre Sache doch gut gemacht.

Spannende Fragen für die heutige Sitzung. Doch für Kulovits-Rupp dürfte der Zug abgefahren sein - sie habe sich mit ihrer Erklärung selbst aus dem Rennen genommen, heißt es in der SPÖ.

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