Eine Plastiktröte auf dem Weg nach Norden

Der diskrete Charme der Vuvuzela

Vor zehn Jahren trat die Vuvuzela erstmals in Erscheinung, seither ist ihr eintöniger, heiserer Sound aus afrikanischen Fußballstadien nicht mehr wegzudenken. Jetzt soll die farbenfrohe Stimmungsmacherin ihr Einsatzgebiet in Richtung Norden ausdehnen.

Pedro Espi-Sanchez beim Proben

Ohne ihr Unrecht zu tun, kann man die Vuvuzela als überdimensionierte Plastiktröte bezeichnen. Vor etwa zehn Jahren trat sie erstmals in Erscheinung. Aus afrikanischen Fußballstadien ist sie seither nicht mehr wegzudenken. Jetzt soll die farbenfrohe Stimmungsmacherin ihr Einsatzgebiet in Richtung Norden ausdehnen.

Am Institut für Popularmusik der Musikuniversität Wien haben der österreichische Jazzmusiker Wolfgang Puschnig und der spanische Musikpädagoge Pedro Espi-Sanchez zu diesem Zweck einen Vuvuzela Workshop abgehalten. Gegründet wurde dabei auch das erste, bis dato sechsköpfige Wiener Vuvuzela Orchester. Ab Juni soll es im Rahmen der Fußball WM 2010 in Stadien und auf öffentlichen Plätzen südafrikanische Stimmung verbreiten.

Urbaner, heiserer Sound

Pedro Espi-Sanchez lebt seit über dreißig Jahren in Südafrika und hat dort als Kurator der Sammlung afrikanischer Instrumente der Universität Kapstadt, sowie als Initiator zahlreicher musikpädagogischer Projekte gearbeitet.

Im Stadion von Kapstadt hat er den urbanen, etwas heiseren Sound der Vuvuzela kennengelernt. Und das ursprünglich eher eintönige Dröhnen der Vuvuzela-blasenden Fußballfans für ausbaufähig befunden. Um als würdige musikalische Signatur der diesjährigen Weltmeisterschaft in Südafrika herhalten zu können, wurde die Vuvuzela "getuned" - und unter Espi-Sanchez´ Anleitung in verschiedenen Größen und Tonhöhen produziert.

Gespielt wird die Vuvuzela nun nach einem der ältesten musikalischen Prinzipien des schwarzen Kontinents: Auf seinem Instrument bläst jeder nur eine Note. Ob dabei kakophone Verwirrung oder polyrhythmische Klänge entstehen, hängt davon ab, wie gut sich der Einzelne in den Rhythmus der Gruppe einfügen - und den anderen ihren Platz lassen kann. Zur Vereinfachung sind die Vuvuzelas unterschiedlich gefärbt. Ihr Repertoire umfasst derzeit vor allem eine große Anzahl südafrikanischer Fußball-Fangesänge. Kurzfristig einstudiert, werden sie im Stadion "unplugged" gespielt und getanzt.

Dröhnen als Konzentrationsfalle?

Von südafrikanischen Fußballspielern heiß geliebt, wird der Vuvuzela-Sound von auswärtsspielenden europäischen Mannschaften zuweilen als Konzentrationsfalle empfunden. Im Zuge des letztjährigen FIFA Confederations Cup in Südafrika wurde ein Verbot denn auch ernsthaft diskutiert. Dafür plädierten zahlreiche Rundfunkanstalten, da das konstante Dröhnen der Vuvuzelas die Kommentatoren übertöne.

Die FIFA entschloss sich zuletzt aber dagegen, ein afrikanisches Fußballgroßereignis zu europäisieren. Die Vuvuzela ist damit ein fixer Bestandteil der kommenden Weltmeisterschaft - und wird sich hoffentlich von ihrer besten, musikalischen Seite zeigen.

Um letzte Widerstände auszuräumen, will Pedro Espi-Sanchez bis dahin auch die Fangesänge einiger nichtafrikanischer Mannschaften für die Vuvuzela adaptieren. Ganz so weit könne der Weg dahin nicht sein. Nach dem Confederations Cup 2009 hatten immerhin sämtliche spanische Spieler Vuvuzelas im Gepäck.

Service

MDW - Institut für Popularmusik
The Vuvuzela Orchestra
FIFA - WM Südafrika 2010