Inhaltliche Schwerpunkte blieben aus
Wahlkampf ohne Themen
Der Präsidentschaftswahlkampf geht dem Ende zu, und die Kandidaten sind praktisch ohne richtige Wahlkampfthemen ausgekommen - obwohl sich gerade bei einer Wiederwahl des Amtsinhabers, wo der Sieger ja von Anfang an feststeht, inhaltliche Schwerpunktsetzungen anbieten würden.
8. April 2017, 21:58
Doch bei einem Bundespräsidenten-Wahlkampf gelten eigene Gesetze, und beim aktuellen Wahlgang kommt noch eine Besonderheit hinzu.
Mittagsjournal, 22.04.2010
Debatte über Slogans
Eine Wertedebatte wollten die Wiederwahl-Strategen in der Hofburg anzetteln. Geblieben ist es bei einer Debatte über den Slogan auf den Heinz-Fischer-Plakaten: "Unser Handeln braucht Werte". Und der ist so vage, wie es Präsidentschaftswahlkämpfe nun einmal erfordern, sagt der Innsbrucker Politologe Ferdinand Karlhofer: "So hatte Klestil den Spruch "Macht braucht Kontrolle". Und damit sei der Wähler seinem Assoziationsbereich und seinen Vorstellungen überlassen, dass es sich um Anspielungen auf den Zustand der politischen Kultur handelt.
Un-ideologischer Ex-Chefideologe
"Ohne Mut keine Werte" - Die FPÖ hat für die Kandidatin Barbara Rosenkranz auch gleich einen Werte-Slogan gebastelt, der aber vor allem dazu dient, sich gegen fremde Werte - Stichwort Islam - abzugrenzen. Und für den Kandidaten Rudolf Gehring von der Christenpartei sind fundamentalistisch christliche Werte ja quasi Programm. Die beiden versuchten wenigstens, ihre gesellschaftspolitischen Positionen unter die Leute zu bringen, meint Karlhofer, "und sind damit genommen im Grunde auch sehr ideologisch, was der Amtsinhaber nicht ist." Zumindest nicht im Wahlkampf. Das ist paradox, galt Fischer vor seiner Zeit in der Hofburg doch als Chefideologe der SPÖ. Was viele in der ÖVP und in der FPÖ bis heute nicht vergessen haben.
Nicht vergleichbar mit früheren Wiederwahlen
Die FPÖ hat deshalb konsequenterweise Rosenkranz nominiert - die ÖVP hat niemanden aufgestellt und führt jetzt einen Eiertanz um WeißWählen oder doch Fischer unterstützen auf. Für den Politikwissenschaftler Ferdinand Karlhofer steht fest: "Das ist eine Situation, die nicht vergleichbar ist mit der Wiederwahl Kirchschlägers oder Klestils."
Keine Distanz zur SPÖ
Diese Präsidentschaftswahl sei "umklammert" von Landtagswahlen, die die SPÖ verloren habe, und den kommenden Wahlen im Burgenland, in der Steiermark und in Wien, wo die SPÖ noch einmal viel zu verlieren habe. Die Folge sei, dass eine gewisse Aggressivität und Spannung entstehe, die andernfalls sehr schwer erklärbar wäre. Die Sorge, die bei vielen ÖVPlern mitschwingt: die SPÖ könnte den Sieg Heinz Fischers für sich ausschlachten. Und Fischer nährt diese Sorge. Er hat auf entsprechende Fragen hin keinerlei Distanz zur SPÖ aufgebaut, im Gegenteil.
Thematisches Vakuum gefüllt
Ein Themenwahlkampf um die Präsidentschaft ist schwierig, weil der Bundespräsident keine operative Funktion im Staat hat. Denkbar wäre eine ernsthafte Diskussion über die zeitgemäße Ausgestaltung des Amtes, das auf das Jahr 1929 zurückgeht. Doch daran hat niemand Interesse. Und vor dem wahltaktischen Hintergrund des laufenden Jahres - Kampf um die Steiermark und Wien - ist ein Themenwahlkampf sowieso unmöglich. Das sollte eigentlich niemand besser wissen als die FPÖ, die sich ja für die Wiener Gemeinderatswahl viel vorgenommen hat. Umso bitterer, dass ausgerechnet die FPÖ-Kandidatin das thematische Vakuum mit ihren Aussagen zu NS-Verbotsgesetz und Gaskammern gefüllt hat.