Labour besonders unter Druck

Wirtschaftslage verschärft Wahlkampf

In Großbritannien geht der Wahlkampf in die Halbzeit. Hauptthemen sind die Wirtschaft und das enorme Staatsdefizit. Alle Parteien geloben dem Wähler Besserung. Die Labour-Regierung von Premierminister Gordon Brown steht massiv unter Druck. Sie liegt in den Umfragen mittlerweile an dritter Stelle.

Morgenjournal, 24.04.2010

Wahlkampf zwischen Finanzkrise und Rezession

In Großbritannien geht der Wahlkampf in die Halbzeit. Das alles beherrschende Thema sind die Wirtschaft und das enorme Staatsdefizit. Alle Parteien geloben dem Wähler Besserung. Gestritten wird darüber, welche Politik die Insel wirtschaftlich wieder nach vorne bringt. Die Nachwehen der Finanzkrise und der Rezession sind immer noch spürbar. Die britische Konjunktur kommt nur langsam wieder in Schwung, das Pfund ist schwach und die neuesten Arbeitslosenzahlen zeigen einen historischen Höchststand. Vor allem Langzeitarbeitslose und Jugendliche haben große Schwierigkeiten einen Job zu finden.

Clegg legt in Umfragen weiter zu

Die Labour Regierung von Premierminister Gordon Brown steht massiv unter Druck, sie liegt in den Umfragen mittlerweile an dritter Stelle, der neue Liberale Polit Star Nick Clegg hat sich nach vorne katapultiert und macht Favorit David Cameron von den Konservativen Konkurrenz.

2,5 Millionen Briten arbeitslos

"Wir sind als letzte große Industrienation aus der Rezession herausgekommen, aber nur weil wir so höflich sind", sagt ein britischer Komiker - schwarzer Humor in schwierigen Zeiten ist auf der Insel weit verbreitet. Der Labour-Regierung von Premierminister Gordon Brown ist aber nicht zum Lachen. Die neuen Arbeitslosenzahlen sind ein massiver Rückschlag. 2,5 Millionen Menschen sind ohne Job, das ist der höchste Stand seit 1994. Damals haben noch die Konservativen regiert. Labour argumentiert nun im Wahlkampf, dass die Lage ohne Bankenrettung und Konjunkturpaket noch schlimmer wäre.

Brown setzt auf Arbeitsmarkreform

Gordon Brown verspricht eine Arbeitsmarktreform, garantierte Ausbildungsplätze für Jugendliche und Anreize für Arbeitgeber: "Wir werden viele neue Jobs im Privatsektor gründen, stellen aber sicher dass die Spitäler und die Polizei genügend Geld haben, die öffentlichen Leistungen müssen verbessert werden."

Einsparungen durch Effizienzsteigerungen 2011

Labour will erst nächstes Jahr bei den öffentlichen Ausgaben sparen, von Efficiency Savings ist die Rede, also Einsparungen durch Effizienzsteigerungen, das wird aber nicht ausreichen um das massive Loch im Staatshaushalt zu stopfen.

Staatsverschuldung so hoch wie nie

Die britische Regierung hat sich im vergangenen Finanzjahr mehr Geld als jemals zuvor leihen müssen. Insgesamt waren es 163 Milliarden Pfund. Die Schulden sind damit insgesamt auf 890 Milliarden gestiegen. Das entspricht 62 Prozent der gesamten britischen Wertschöpfung.

Clegg fordert höhere Steuern für Banken

Der neue Polit-Star Nick Clegg von den Liberaldemokraten will die Finanzen unter anderem mit höheren Steuern für Banken und Reiche in Ordnung bringen. Er attackiert mit Vorliebe die Londoner City: "Es ist ein Skandal, dass trotz der ganzen Rhetorik der Regierung, die Banken im letzten Jahr um 41 Milliarden Pfund weniger Kredite vergeben haben."

"Brown gefährdet Wirtschaftswachstum"

Die britische Wirtschaft wächst weiter, aber nicht so schnell wie sich das viele Analysten erwartet haben. Es waren im vergangenen Quartal nur 0,2 Prozent. Einen Großteil dieses kleinen Wachstums verdankt die Insel dem Finanzsektor und der Industrie. Auch der Einzelhandel atmet leicht auf. Die Briten geben wieder mehr Geld aus, aber immer noch weitaus weniger als vor der Wirtschaftskrise.

Die Herausforderung einer künftigen Regierung sei es, dieses schwache Wachstum nicht zu gefährden, aber genau das würde Gordon Brown tun, sagt George Osborne von den Konservativen. Er wäre im Falle eines Wahlsiegs Schatzkanzler: "Großbritannien braucht eine neue Regierung, es braucht eine starke wirtschaftliche Führung, Gordon Brown argumentiert in diesem Wahlkampf er setze die richtigen Maßnahmen, die Zahlen zeigen aber, dass der Aufschwung schwach ist."

Konservative im Moment vorne

Die Konservativen würden nach bisherigen Umfragen die Wahl knapp gewinnen, hätten aber keine absolute Mehrheit. Ein "hängendes Parlament" – wie die Briten diesen Zustand nennen – würde die britischen Finanzmärkte in Panik versetzen und Großbritannien müsste möglicherweise die Hilfe des Internationalen Währungsfonds benötigen, wie schon in den 70er-Jahren, warnen sie. Das ist Angstmache, sagen Labour und die Liberaldemokraten. Das letzte Wort hat aber der Wähler am 6. Mai.