Krisensitzung in Berlin
Griechenland braucht Vielfaches an Finanzhilfe
Griechenland braucht zur Abwehr einer Staatspleite vermutlich deutlich mehr Geld als bisher angenommen. Der Internationale Währungsfonds und die Europäische Zentralbank verstärken jetzt den Druck auf Athen und verlangen ein hartes Drei-Jahres-Sparpaket. Eine Krisensitzung gab es Mittwochabend in Berlin.
8. April 2017, 21:58
135 Milliarden nötig
135 Milliarden – diese Zahl hat gestern so Manchem Schweißperlen auf die Stirn getrieben. 135 Milliarden Euro in drei Jahren – soviel könnte Griechenland benötigen um die Finanzkrise zu überstehen. Die Zahl hat der deutsche Wirtschaftsminister Brüderle genannt – im fernen Brasilien wo er derzeit auf Dienstreise weilt.
IWF und EZB-Chefs in Berlin
Dass diese Aussage auch Berlin erreicht hat, hat die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gar nicht gefreut. Sie will noch nicht über Zahlen spekulieren, sondern die Verhandlungen, die derzeit mit der griechischen Regierung laufen, abwarten. Ihr geht es nach einem Gespräch mit dem Chef des Internationalen Währungsfonds Strauß-Kahn und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank Trichet in erster Linie um die Stabilität des Euro. Jeder wüsste, dass man eine Situation wie bei Lehman Brothers nicht zulassen könne. Allerdings müssten tragfähige Lösungen vorgelegt werden.
Und das heißt für Griechenland: ein rigoroses Sparprogramm vorlegen – das ist für Merkel die Bedingung damit Geld von Berlin nach Athen getragen wird.
Opposition gegen Rolle Merkels
Die Opposition im deutschen Bundestag macht die Kanzlerin mitverantwortlich für die jetzige Lage. Die anstehenden wichtigen Landtagswahlen in Nordrheinwestfalen hätten sie zögern lassen, kritisiert etwa SPD Vorsitzender Sigmar Gabriel. Merkel müsste endlich Farbe bekennen, das koste die Steuerzahler Hunderte Millionen, weil die Spekulanten weitermachen können wie gehabt.
Dagegen verwehrt sich Angela Merkel, genauso wie gegen Kritik aus dem Ausland und bekommt Unterstützung von ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble: Deutschland habe immerhin strenge Regeln für Griechenland gefordert.
Heikle Tage für die Kanzlerin
Dennoch: die nächsten Tage werden noch schwierig für die deutsche Kanzlerin. Zwar hat die Opposition angekündigt der Hilfe für Griechenland nicht im Wege zu stehen – zu wichtig sei diese für ganz Europa. Aber die Opposition wird ebenfalls Forderungen vorlegen.
Schwieriger wird es für Merkel, das Griechenlandpaket der Bevölkerung zu verkaufen – denn die Mehrheit lehnt dieses nach wie vor ab. Und dass die Kanzlerin dagegen ist, die Banken an der Hilfe zu beteiligen, wird ihre Überzeugungskraft gegenüber der Bevölkerung auch nicht gerade stärken.
Morgenjournal, 29.4.2010
Johannes Marlovits, Berlin