Aber keine Absolute
Mehrheit für Konservative
Nach der Unterhauswahl in Großbritannien gibt es keine klaren Mehrheitsverhältnisse. Zwar sind die Konservativen nun die stärkste Partei, aber sie verfehlen die absolute Parlamentsmehrheit. Schwächer als erwartet schneiden die Liberaldemokraten ab, sie landen klar auf dem dritten Platz. Die Labour-Party wurde zwar von den Konservativen überholt, dennoch will der amtierende Premier Brown weiter regieren.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 07.05.2010
"Hung parliament"
Großbritannien steht vor der schwierigsten Regierungsbildung seit 1974. Zwar haben nach Auszählung der überwiegenden Zahl der Wahlkreise die oppositionellen Konservativen unter David Cameron die meisten Mandate errungen, die absolute Mehrheit aber verfehlt.
Die regierende Labour Party beruft sich auf die Verfassung, die im Falle eines "hung parliament" mit unklarer Mehrheit zunächst den amtierenden Premierminister mit der Regierungsbildung betraue. Gordon Brown hätte aber nicht einmal mit den Stimmen der drittplatzierten Liberaldemokraten die Chance auf eine Regierungsmehrheit.
Streit um Regierungsanspruch
In einer ersten Reaktionen ließ Brown bereits durchblicken, dass er weiter an der Macht bleiben will. Er sehe es als seine Pflicht an, dass Großbritannien eine starke Regierung bekomme, um das Land zu einer wirtschaftlichen Erholung zu führen. Im Gegenzug sprach Tory-Chef Cameron dem bisherigen Ministerpräsidenten und dessen Partei die Regierungslegitimation ab.
Gordon Brown
"My duty to the country is to play my part in Britain having a strong and stable government."
David Cameron
"It ist already clear, that the Labour gouvernment has lost its mandate to govern our country."
Liberale negativ überrascht
Die Liberal-Demokraten von Nick Clegg erhielten ersten Ergebnissen zufolge überraschend sogar weniger Sitze als bei der Wahl zuvor. Umfragen hatten ein deutliches Plus erwarten lassen. Zum Zünglein an der Waage könnten diesmal auch kleine Regionalparteien, etwa aus Schottland, Wales oder Nordirland werden. Erstmals überhaupt zieht mit der Europaparlamentarierin Caroline Lucas eine Abgeordnete der Grünen ins britische Unterhaus ein.
Verstärktes Augenmerk richtete sich auch auf die Rolle der Königin. Sie empfängt normalerweise am Tag nach der Wahl den neuen Premierminister. In der diesmal undurchsichtigen Lage hielt sich Elizabeth II. zunächst betont zurück.
Vorrechte des amtierenden Premiers
In Großbritannien hat der amtierende Premierminister das Recht und sogar die Pflicht, so lange im Amt zu bleiben, bis feststeht, welche Partei oder Koalition die meiste Unterstützung im Parlament hat. Er darf dabei auch als erster eine Regierungsbildung angehen. Labour-Wirtschaftsminister Peter Mandelson sagte: "Die Regel bei einem Parlament ohne klare Mehrheitsverhältnisse ist, dass nicht die Partei mit der größten Zahl der Sitze als erstes zum Zug kommt, sondern die amtierende Regierung."
Rege Beteiligung trotz Problemen
Mit 66 Prozent ist die Wahlbeteiligung in Großbritannien deutlich höher, als sie es noch 2005 war. Damals haben 61 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Dieses Mal ist es in einigen Wahllokalen aber zu Problemen gekommen, zahlreiche Menschen konnten ihre Stimme nicht abgeben.
Morgenjournal 07.05.2010
Stimmabgabe unmöglich
Schon Stunden vor Wahlschluss um 22 Uhr unserer Zeit hatten sich lange Warteschlangen gebildet, viele Menschen kamen deshalb nicht mehr rechtzeitig in die Wahlkabine. Jetzt fühlen sie sich ihrer Rechte beraubt, eine Nicht-Wählerin sagt, das könnte den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage bedeuten.
Anfechtungen angekündigt
Jenny Watson von der britischen Wahlkomission sagt, man werde sich jeden Fall genau ansehen. Das System ist schon seit langem an seiner Grenze angelangt. Wahlanfechtungen wurden bereits angekündigt.