Fritz Breuss "Im Journal zu Gast"

Griechenland-Hilfe pro und contra

Die Krise rund um Griechenland hat sich diese Woche weiter zugespitzt. Gleichzeitig droht sich die Schuldenkrise auch auf Spanien und Portugal auszuweiten. Die Finanzmärkte bleiben jedenfalls nervös, obwohl die EU-Staats- und Regierungschefs die Milliardenhilfe für Griechenland endgültig abgesegnet haben.

Mittagsjournal, 08.05.2008

Was passiert, wenn die Schuldenkrise tatsächlich auch Spanien und Portugal erfasst, und welche Konsequenzen die EU jetzt ziehen muss, darüber hat Paul Schiefer mit dem Wirtschaftsprofessor und Europa-Experten Fritz Breuss gesprochen. Er lehrt am Europa-Institut der Wirtschaftsuniversität Wien und arbeitet außerdem am Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO. Fritz Breuss war am Samstag "Im Journal zu Gast".

Maßnahmen zu hart?

In Athen haben diese Woche tausende Menschen gegen die Sparpläne der Regierung protestiert. Dabei hat es sogar Tote gegeben. Der Europa-Experte Fritz Breuss spricht von einem einmaliges Erlebnis für Griechenland: "Es ist in der Tat relativ hart und man muss sich schon fragen, ob es nicht zu hart ist, innerhalb von drei Jahren 30 Milliarden Euro einzusparen. Wir wissen, es wird sicher ganz negative Auswirkungen auf die Konjunktur haben. Über drei Jahre muss man mit einer schweren Rezession rechnen und auch mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit und einer Einschränkung der Kaufkraft."

Schuldenerlass sinnlos

Die Oppositionsparteien halten einen Schuldenerlass für die bessere Lösung. Dazu hätten die Banken dazu gebracht werden müssen, auf einen Teil der griechischen Schulden zu verzichten. Technisch würde das auf den ersten Blick besser ausschauen, auf den zweiten Blick aber wahrscheinlich nicht, so Breuss: "Wenn diese Schuldenausfälle oder -kürzungen passiert, dann betrifft das die europäischen Banken, insbesondere die französischen oder die deutschen. Wenn die Banken Probleme bekämen, müsste der Staat ohnehin wieder mit Hilfspaketen eingreifen." Abgesehen davon sei es psychologisch ganz schlecht, ein Land praktisch in den Ruin zu treiben. Schuldenkürzungen würden einem Bankrott gleich kommen.

"Alternativen gibt es nicht"

Im Moment sieht Fritz Breuss daher keine Alternative zum Sparpaket: "Die Politik in Europa hat praktisch das Heft aus der Hand gegeben, die Finanzmärkte waren viel schneller in der Bestrafung Griechenlands". Und das, obwohl seit 2004 bekannt gewesen sei, dass sich Athen in die Euro-Zone "geschwindelt" habe.

Kein sofortiger Domino-Effekt

Die Gefahr, dass es unmittelbar zu einem Domino-Effekt auf Spanien und Portugal kommt, hält Breuss nicht für groß. "Sie wäre größer gewesen, wenn wir Griechenland nicht geholfen hätten." Die Finanzmärkte seien bereits nervös und hätten mit Zinsaufschlägen auf die Anleihen dieser beiden Länder reagiert - nun würden sich Spanien und Portugal wohl bemühen, ihre Budgets in Ordnung zu bringen. "Wenn die in eine ähnliche Situation kämen, so hohe Zinsen zu zahlen, dass sie kein Geld mehr am Kapitalmarkt aufnehmen können, dann wäre die Eurogruppe überfordert und die Eurozone würde zerbrechen."

"Kern-Euro-Zone"

Dann könnte man sich vorstellen, dass die Eurozone zu jener Kernzone von Ländern schrumpft, die den optimalen Währungsraum darstellen würde und das wäre nur eine kleine Gruppe von Ländern: Deutschland, Benelux, Österreich, Dänemark, Frankreich. Länder, die aus der Eurozone austreten würden, könnten zwar durch Abwertungen ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern, "aber ihr Schuldenproblem wäre dadurch nicht gelöst", erklärte Breuss."

"Schärfere Kontrollen nötig"

Wichtig seien nun schärfere Kontrollen, so Breuss. Deshalb müsse Eurostat mehr Kompetenzen erhalten, um schon frühzeitig in die Budgetpolitik der Staaten Einblick nehmen zu können. Die EU-Kommission müsse ihr Personal aufstocken und viel kritischer sein als bisher.