Säumigen Ländern "auf die Finger klopfen"
EU-Taskforce: Defizitkontrolle verschärfen
Zur langfristigen Rettung des Euro ist heute zum ersten Mal einen hochkarätig besetzte Arbeitsgruppe in Brüssel zusammengekommen. EU-Ratspräsident Herman van Rompuy hat alle Finanzminister, Vertreter der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank an einen Tisch geholt. Deutschland, aber auch Österreich fallen mit besonders drastischen Forderungen auf.
8. April 2017, 21:58
Abendjournal, 21.05.2010
Ländern "auf die Finger klopfen"
Nach Beschluss eines 750 Mrd. Euro schweren Rettungsschirms will die Europäische Union in nur wenigen Monaten den Euro-Stabilitätspakt verschärfen. Finanzminister Josef Pröll (V) forderte vor der ersten Sitzung einer "Taskforce" mit seinen EU-Kollegen unter Führung von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Freitag in Brüssel, dass Ländern mit lascher Budgetplanung und Schuldentwicklung "auf die Finger geklopft werden kann". Die Gruppe soll für den EU-Gipfel am 28. und 29. Oktober "solide und endgültige Schlussfolgerungen" erarbeiten, hieß es in EU-Kreisen.
Sparprogramme von Dritten überprüfen
Die deutsche Regierung unterbreitete für die "Taskforce" die am weitest reichenden Reformvorschläge. In einem Papier der Regierung mit Eckpunkten "zur Stärkung der Eurozone" werden "weitergehende Maßnahmen" zu den bisherigen Vorschlägen der EU-Kommission gefordert. So will Berlin etwa, dass die Sparprogramme der Euroländer von der Europäische Zentralbank (EZB) oder unabhängigen Forschungsinstituten überprüft werden. Länder, die sich nicht an EU-Vorgaben zum Defizitabbau hielten, sollten vorübergehend keine EU-Strukturmittel bekommen. Bei groben Verstößen wie Statistik-Manipulationen fordert Berlin, dass Euroländern für mindestens ein Jahr lang das Stimmrecht im EU-Ministerrat entzogen wird. Außerdem will die deutsche Regierung "ein Verfahren für eine geordnete staatliche Insolvenz" in einem ständigen Krisenmechanismus für die Eurozone verankern.
Frankreich: Kein Eingriff in Souverenität
Frankreich hält dagegen nichts von einem EU-Eingriff in die nationalen Budgetplanungen, den EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn vorgeschlagen hat. Im Hinblick auf eine bessere Budgetdisziplin sei ein weiterer Souveränitätszuwachs für Brüssel "nicht erforderlich", sagte der französische EU-Staatssekretär Pierre Lellouche am Freitag vor österreichischen Parlamentariern. Als "undenkbar" bezeichnete es Lellouche laut Parlamentskorrespondenz etwa, dass die EU-Kommission in die Entscheidungsbefugnis der nationalen Parlamente eingreife. Es solle vielmehr ein System geben, das die Budgetverpflichtungen der Länder transparent mache und die Einhaltung der Regeln gewährleiste.
Pröll: Begleitung und Sanktionen wichtig
Pröll betonte, eine Änderung des Stabilitätspakts sei wichtig. "Eingriff, Durchgriff und Sanktionen müssen neu definiert werden." Der Finanzminister signalisierte Zustimmung zu dem von der EU-Kommission geforderten frühzeitigen Eingriffsrecht zur Kontrolle nationaler Budgets. "Ich bin bei Olli Rehn, was seine Vorschläge betrifft. Im Großen und Ganzen können wir dem durchaus positiv gegenüberstehen."
Pröll zeigte sich allerdings zurückhaltend zu deutschen Forderungen, für zahlungsunfähige Euro-Staaten künftig auch ein Insolvenzrecht zu schaffen. Man müsse sich anschauen, was im Detail geplant sei, weil es schon jetzt die Möglichkeit von Staatsinsolvenzen und ein Einschreiten des Internationalen Währungsfonds (IWF) gebe. "Wir haben andere Prioritäten. Aus meiner Sicht muss die Budgetbegleitung, das Controlling, der Eingriff von Eurostat und die Frage von Sanktionen absolut im Vordergrund stehen", betonte er. Auch der luxemburgische Budgetminister Luc Frieden betonte, ein Insolvenzverfahren habe keine Priorität für sein Land. (Text: APA, Red.)