Mit 62 statt mit 60 in Pension
Regierung präsentierte Pensionsreform
In Frankreich hat die Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy die Eckpunkte der seit Jahren anstehenden Pensionsreform präsentiert. Kernpunkt dieser Reform: die Erhöhung des Pensionseintrittsalters, das in Frankreich seit 1983 bei 60 Jahren lag, auf nunmehr 62 Jahre. Das Ziel: die Milliardenlöcher in den Pensionskassen bis 2018 zu stopfen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 16.06.2010
Null Defizit angestrebt
Mit diesem Schritt, so Arbeits- und Sozialminister Eric Woerth, tue man nur das, was andere europäische Länder schon längst gemacht haben. Und: "Es geht uns nicht darum, geringere Defizite in den Pensionskassen zu haben, sondern Null Defizit, und zwar ab dem Jahr 2018. Und wir wollen, dass das Pensionssystem, so wie es ist, bestehen bleibt."
Stufenweise Erhöhung
Nicht auf 63 Jahre, wie zuletzt gemutmaßt, sondern auf nur 62 soll das Pensionseintrittsalter in Frankreich erhöht werden, und zwar stufenweise: vom 1. Juli 2011 an jährlich um vier Monate bis zum Jahr 2018. Allein diese Maßnahme bringe dann jährlich 19 Milliarden Euros in die Pensionskassen für ein Defizit, das für diesen Zeitpunkt auf 37 Milliarden geschätzt wird - würde nichts geschehen. Die nötige Anzahl der Beitragsjahre steigt in den kommenden sieben Jahren dagegen nur von 41 auf 41,5.
Höhere Beamtenbeiträge
Unter Frankreichs Arbeitnehmern, die heute bereits im Schnitt mit 61 in Pension gehen, sollen nun auch Beamte und Angestellten im öffentlichen Dienst das Ihre zur Rettung des Pensionssystems tun: Ihre Pensionsbeiträge, die bisher ein Drittel niedriger lagen, werden im Lauf des nächsten Jahrzehnts denen im privaten Sektor angeglichen.
Höhere Steuern
Darüber hinaus präsentierte Frankreichs Arbeitsminister eine ganze Litanei von zusätzlichen Quellen zur Finanzierung der Pensionen: "Wir werden 4,4 Milliarden zusätzliche Einnahmen haben durch die Besteuerung der hohen Einkommen, der Kapitaleinkünfte und der Unternehmen." So wird der Höchststeuersatz von 40 auf 41 Prozent steigen, Aktienoptionen und Dividenden werden stärker besteuert, ebenso die millionenschweren Betriebspensionen für Topmanager.
Umfassende Kritik
Frankreichs Gewerkschaften laufen fast einheitlich Sturm gegen das Reformvorhaben der Regierung. Sie bestreiten, dass es sozial ausgewogen sei. Sie betonen, dass im Gegenteil in erster Linie die sozial schwächsten die Rechnung bezahlen müssten, all die, die bereits mit 15 oder 16 zu arbeiten begonnen haben. Und auch die sozialistische Opposition übt scharfe Kritik. Ihr Sozialexperte Claude Bartelone: "Es ist, demokratisch gesehen, ein Fehler, denn der Präsident hatte versprochen, das Pensionsalter von 60 nicht anzugreifen. Es ist sozial gesehen ein Fehler, weil die Ärmsten unter den Arbeitnehmern bestraft werden. Es ist auch ökonomisch ein Fehler, weil so der Konsum gebremst wird und auch ein Fehler hinsichtlich der Finanzmärkte, die uns beobachten - ihnen gegenüber wäre ein breiter Konsens mit Gewerkschaften und der Opposition nötig gewesen."
Trotz Protesten - resigniert?
Für Präsident Nicolas Sarkozy, dies hat er immer betont, ist die Pensionsreform die Reform der Reformen seiner fünfjährigen Amtszeit. Bleibt die Frage, wie massiv sich der Protest der französischen Gewerkschaften in den nächsten Monaten ausnimmt, wenn etwa das Reformvorhaben im September in der Nationalversammlung beraten wird. Bisher sieht es trotz einer ganzen Reihe von Aktions- und Protesttagen in den letzten Monaten so aus, als hätten die Franzosen weitgehend resigniert.