Was tun nach der Krise: USA, EU uneins
Wirtschaftsgipfel in Kanada beginnt
Die führenden Wirtschaftsnationen der Welt tagen bis Sonntag im kanadischen Toronto. Während beim letzten derartigen Treffen in Pittsburgh unter dem Eindruck der Finanz- und Wirtschaftskrise gemeinsames Vorgehen großgeschrieben wurde, ist jetzt, neun Monate später, davon nur mehr wenig zu sehen. Vor allem zwischen Europa und den USA haben sich Gegensätze aufgetan.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 25.06.2010
Rudern in alle Richtungen
US-Präsident Barack Obama hat in einem Brief dazu aufgerufen, die wackelige wirtschaftliche Erholung nicht unter Sparpaketen zu begraben - durchsetzen konnte sich Obama damit bisher aber nicht. "Wir sitzen alle im gleichen Boot", beteuern die Staats- und Regierungschefs vor dem Gipfeltreffen in Toronto. Gerudert wird aber längst in die unterschiedlichsten Richtungen.
Zwei Lager
US-Präsident Barack Obama will als Steuermann der Wirtschaftsmacht USA einmal mehr die Richtung vorgeben, wie die Welt am schnellsten aus der Wirtschaftskrise herauskommt. Doch Europa will seine Probleme anders lösen. Währungsexpertin Karen Rosborough analysiert im US-Wirtschaftssender Bloomberg nüchtern: "Es gibt zwei Philosophien: mit Wachstum aus der Rezession kommen oder die Ausgaben kürzen - da stehen Europa und die USA in unterschiedlichen Lagern."
Appell Obamas
Der US-Präsident appelliert an die Europäer, nicht zu früh aus den Wachstumsprogrammen auszusteigen - noch sei die Erholung zu schwach und die Arbeitslosigkeit zu hoch. Sparpakete würden die Kauflust der Konsumenten in diesen Ländern dämpfen, so Obama mit Blickrichtung auf Exportnationen wie Deutschland - aber auch China und Japan.
Keine Signale der Annäherung
Freilich ist man sich aber auch im Weißen Haus klar, dass die Staatskasse nicht endlos strapaziert werden darf. Auch die USA würden auf stabile Staatsfinanzen hinarbeiten, es dürfe nur jetzt nicht zu rasch auf die Bremse getreten werden. Finanzminister Thimothy Geithner wiederholt unmittelbar vor Beginn des Treffens in Toronto diese Botschaft - Signale für eine Annäherung hat es bisher aber keine gegeben.
Minimalkompromiss Bankensteuer
Auch das ehrgeizige Vorhaben, dem Weltfinanzsystem eine neue krisensichere Gestalt zu geben, ist in Einzelprojekte zerfallen. Allein der Beschluss einer von Staat zu Staat unterschiedlich hohen Bankensteuer gilt als möglicher Kompromiss. Die von Europa geforderte Besteuerung von Finanztransaktionen wird von der US-Regierung abgelehnt.
Außenpolitische Themen
Vor dem großen G-20-Gipfel treffen sich auf einem Landsitz außerhalb Torontos die G-8, der Club der westlichen Wirtschaftsmächte inklusive Russland. Dort wollen die USA auch über Außenpolitik verhandeln: die Spannungen zwischen Nord- und Südkorea, das Atomprogramm des Iran und der festgefahrene Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern.
Zusagen und Gesten
Zwei Prestigeerfolge konnte Washington bereits vor Toronto verbuchen: die Zusage der EU, Informationen über die wirtschaftliche Belastbarkeit wichtiger Banken zu veröffentlichen, entspricht einer Forderung der USA. Und auch die Bereitschaft Chinas, seine chronisch und vorsätzlich unterbewertete Währung zumindest etwas mehr den wirtschaftlichen Realitäten anzupassen, wird zumindest als Geste anerkannt. Auch wenn Kongressabgeordnete heftig kritisieren, dass das Entgegenkommen der Exportmacht Nr.1 viel zu bescheiden ausgefallen sei.