Herber Schlag für schwarz-gelbe Koalition
Wundenlecken nach Bundespräsidentenwahl
Drama, Ohrfeige, Debakel – das ist der mediale Tenor nach der Wahl zum Bundespräsidenten in Berlin. Die schwarz-gelbe Koalition wiederum versucht, etwas Positives im Wahlverlauf in der Bundesversammlung zu sehen: die Delegierten hätten frei entscheiden können und das sei ein Beweis für lebendige Demokratie.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 01.07.2010
Fehlender Teamgeist
Wer Mittwochabend in die Gesichter der Parteichefs von CDU, CSU und FDP geblickt hat, konnte zweierlei deutlich sehen: zum einen Erleichterung, zum anderen Ratlosigkeit, dass es so weit gekommen ist. Von der angemahnten Geschlossenheit im Vorfeld der Abstimmung im Reichstag keine Spur, Appelle zwischen den Wahlgängen sind ohne Wirkung geblieben.
Am Ende eines Krimis hat sich Kanzlerin Angela Merkel einmal mehr in Pragmatismus geübt. Was zähle, das ist das Ergebnis. Ein Neustart für die Regierung sei mit der Abstimmung ja auch nicht verknüpft gewesen. Schließlich ginge es hier um die Wahl eines Bundespräsidenten und nicht um die Tätigkeit der Regierung, so Merkel.
Unnütze Verbalattacken
Warum gleich zwei Mal die schwarz gelben Delegierten aus Bund und Ländern die Gefolgschaft verweigert haben, das ist jetzt das beherrschende Thema in den Parteizentralen. CDU Generalsekretär Hermann Gröhe meint ein paar der Gründe zu kennen: der holprige Start, die unnützen verbalen Attacken aufeinander, zu wenig bürgerliche Umgangsformen. "Dass wir besser werden müssen, das war schon vor der Bundesversammlung klar", so Gröhe. Und er richtet an alle in der Koalition die Botschaft, dass für das Regieren eine Mannschaft notwendig ist.
Der verpasste Start der Koalition
In Zeiten der Fußball WM wird dabei gerne auf das Auftreten der deutschen Mannschaft in Südafrika verwiesen. Davon sind die Spieler in der Koalition jedoch weit entfernt. Erfolge sind Mangelware, es hagelt gegenseitige Vorwürfe, die Umfragewerte sind niedrig. Es gebe keinen einheitlichen Kurs und es gebe keinen klaren Willen der Kanzlerin zur politischen Führung.
Die Zwischenbilanz von Wolfgang Gerhardt, ehemaliger Fraktionschef der Liberalen, fällt nach neun Monaten an der Macht ernüchternd aus: "Ich finde, dass die Koalition den Start verpasst hat. Jeder redet über Neustart, dabei hat sie gar keinen richtigen Start gehabt. Sie ist bis heute nicht in der Lage, ein Management von Themen und Strategien vorzunehmen und das auch rüberzubringen an die Bürger."
SPD kritisiert die Linke
Die "last-minute"-Wahl von Christian Wulff hat das Führungspersonal in allen drei Parteien geschwächt. Die rot–grüne Opposition hat mit der Nominierung von Joachim Gauck damit eines ihrer Ziele erreicht. Zwar hat der Kandidat letztendlich verloren, aber die Stimmung ist wieder deutlich besser geworden. Dass es nicht zur Wahl von Gauck gereicht hat, das lastet SPD Generalsekretärin Andrea Nahles der Linken an. Sie hätten die Chance verpasst, den ersten ostdeutschen Bundespräsidenten zu wählen.
Unannehmbar sei Gauck für die Partei gewesen kontert Klaus Ernst, Vorsitzender der Linken. Die drei Oppositionsparteien hätten eben einen Kandidaten suchen müssen, der für alle drei Parteien akzeptabel gewesen wäre.
Die SPD versuche weiter die Linke auszugrenzen, da gebe es keine Mehrheit für rot - grüne Projekte. Auch nicht, wenn es rechnerisch möglich ist.