Rangliste von Banken sei nicht aussagekräftig

Liebscher: "Stresstest ist sinnvoll"

Der ehemalige Nationalbank-Gouverneur und jetzige Vorstand der Bankenbeteiligungsgesellschaft FIMBAG Klaus Liebscher nimmt kurz vor der Veröffentlichung des Banken-Stresstests Stellung. Im Ö1-Interview sagte er, der Test sei sinnvoll und auch die Veröffentlichung solle das Vertrauen in Banken wiederherstellen. Eine Rangliste der Banken hält er für nicht sinnvoll.

Morgenjournal, 23.07.2010

Liebscher hält Test für sinnvoll

Liebscher hält den Test für sehr vernünftig, da man Sorgen ausräumen könne. Er begrüße auch die Transparenz: Damit ist die Veröffentlichung der Ergebnisse gemeint. Er findet es sinnvoll, Klarheit über die Situation der europäischen grenzüberschreitend tätigen Banken zu schaffen. In Österreich stehen die Raiffeisenbank, die Erste Bank und die UniCredit Tochter Bank Austria auf dem Prüfstand. Klaus Liebscher gibt sich zuversichtlich: "So wie ich das einschätze, würde ich nicht überrascht sein, wenn wir im guten Mittelfeld landen."

Vertrauen Banken wiederherstellen

Viele europäische Politiker, darunter auch der Vorsitzende der Eurogruppe Jean-Claude Juncker, sind der Meinung, dass die meisten europäischen Banken den Stresstest bestehen werden. Auch die Banken des hochverschuldeten Griechenland. Auf die Frage, wie aussagekräftig der Test sei, wenn offenbar alle Banken durchkommen, sagte Liebscher: "Man muss davon ausgehen, dass so ein Stresstest gewisse realistische Annahmen hat. Ein deutlicher Rückgang des Wirtschaftswachstums, hohe Arbeitslosigkeit oder Abschläge auf Staatsanleihen sind ein realistisches Szenario." Deshalb sei der Test in seinen Augen aussagekräftig.
Der Stresstest soll vor allem das Vertrauen der Finanzmärkte in die Banken wiederherstellen beziehungsweise stärken.

Kritikpunkt ist Vergleichbarkeit

Für eine Bank, die den Stresstest nicht bestehen sollte, bedeutet es, sie brauche mehr Kapital vom Kapitalmarkt. Liebscher erklärt, was in diesem Fall zu beachten ist: "Ein Kritikpunkt des Tests ist die Vergleichbarkeit. Man muss im Einzelfall das Institut selbst und seine Risikopolitik beurteilen. Es ist ein Unterschied, ob ein Institut im Investmentbereich oder im Bereich Spareinlagen/Kreditgeschäft tätig ist." Liebscher gibt zu, dass damit die Kapitalbeschaffung sicher nicht einfacher sein wird.

"Banken-Rangliste" nicht sinnvoll

Erste Bank Chef Andreas Treichl wünsche sich eine Rangliste der Teilnehmer. Liebscher, der Andreas Treichl sehr schätzt, hält dies aber für nicht sinnvoll. Liebscher erklärt: "Den Unterschied in welchem Geschäftsfeld und mit welcher Geschäftspolitik das Institut tätig ist, kann man aus so einem Ranking nicht herauslesen. Wenn der erste über eine bestimmte Eigenkapitalquote verfügt und der Letzte über, zum Beispiel, sechs Prozent Eigenkapitalquote verfügt, sagt das nichts über die Qualität des Instituts aus. Daher halte ich so ein Banken-Ranking für nicht sinnvoll."