ÖVP lenkt ein

Neue Debatte um Briefwahl

Der Wahlsonntag in der Steiermark hat die Diskussion über die Briefwahl-Frist erneut angeheizt. Verfassungsexperten kritisieren seit langem, dass die Wahlkarten erst nach acht Tagen bei der Wahlbehörde einlangen müssen. SPÖ und Opposition sind für eine Verkürzung der Frist. Auch die bisher zurückhaltende ÖVP sieht mittlerweile Diskussionsbedarf.

Morgenjournal, 29.09.2010

Derzeit Nachfrist von acht Tagen

Kern der Kritik an der Briefwahl ist die sogenannte Nachfrist von acht Tagen. Solange ist Zeit, bis das Kuvert mit der Briefwahlstimme bei der Wahlbehörde sein muss, um gezählt zu werden. Dadurch soll Wahlberechtigten im Ausland die Teilnahme an der Wahl erleichtert werden - möglich ist aber auch, dass jemand den Wahlsonntag abwartet und erst dann innerhalb der 8 Tages-Nachfrist seine Briefwahlstimme abschickt - auch wenn das verboten ist.

SPÖ: 24-Stunden-Frist

Peter Wittmann, Verfassungssprecher der Sozialdemokraten, sagt dass die Nachfrist zu lange gewählt sei. Sie sollte spätestens 24 Stunden nach Wahlschluss enden.

ÖVP will nachdenken

Die Parteichefs der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP, Werner Faymann und Josef Pröll, haben zuletzt jedenfalls von Diskussionsbedarf gesprochen. Die ÖVP, auf deren Wunsch die Briefwahl erst eigeführt wurde, war bisher zurückhaltend bei Änderungswünschen. Jetzt sagt ÖVP-Verfassungssprecher Wilhelm Molterer, es gebe immer die taktische Diskussion über taktisches Wählen. Aber man müsse an die Auslandsösterreicher denken, wenn ein Spitzenkandidat kurz vor der Wahl ausgetauscht werde, könne er nicht mehr reagieren. Zwischen diesen beiden Interessenlagen gelte es eine optimale Lösung zu finden.

FPÖ: Ende der Nachfrist

Die Briefwahl selbst müsse aber erhalten bleiben, sagt Molterer. Geändert werden könnte die Wahlordnung jedenfalls nur mit Verfassungsmehrheit - also ist die Zustimmung zumindest einer Oppositionspartei erforderlich. Harald Stefan, Verfassungssprecher der Freiheitlichen ist für ein generelles Ende der Nachfrist. Dem Wähler müsse es zuzumuten sein, den Brief rechtzeitig aufzugeben.

Grüne für Enquete

Daniela Musiol, Verfassungssprecherin der Grünen, fordert eine Enquete, eine Anhörung von Experten zu einer Reform der Briefwahl. Auch die Grünen halten die acht Tages Nachfrist für Briefwähler für zu lang, denn sie öffne Missbrauch Tür und Tor.

BZÖ: Freitag davor

Ewald Stadler vom BZÖ will den Stichtag für Briefwähler überhaupt vor den Wahlsonntag legen und zwar auf Freitag vor der Wahl mit Poststempel belegt.

Auch Stadler ist für eine parlamentarische Enquete zur Briefwahl um Vorschläge von Experten für eine Reform zu anzuhören.

Montag ist Briefwahl-Schluss

In der Steiermark sind nach der Landtagswahl vergangenen Sonntag die ersten Briefwahlkarten ausgezählt worden. Große Verschiebungen gibt es nicht. Die SPÖ bleibt vorne, die ÖVP verringert den Abstand jedoch ganz leicht. Am Mandatsstand ändert sich nichts. Kommenden Montag werden die letzten Briefwahlkarten ausgezählt, womit dann das Endergebnis der steirischen Landtagswahl feststeht.

Morgenjournal, 29.09.2010